Martin Compart


EIN NEUER GERALD KERSH by Martin Compart

Hirn und zehn Finger

Originaltitel: A Brain And Ten Fingers, 1943
Aus dem Englischen von Angelika Müller

Jugoslawien, 1943. Eine kleine versprengte Partisanentruppe wacher, verzweifelter Männer flieht in den Wald, nachdem sie ein Munitionsdepot der italienischen Besatzer überfallen hat. Ihre Beute: Dynamit und Zünder für den Widerstand. Einer stirbt für den anderen, damit der Rest an einem anderen Tag weiterkämpfen kann. Darunter ist der junge Andrej, dessen Dorf in Slowenien von den Faschisten dem Erdboden gleichgemacht wurde und der hier in ebenfalls versprengten Serben und Kroaten Gleichgesinnte gefunden hat. Doch die rettende Holzbrücke wurde vom Hochwasser fortgerissen und die Verfolger sind nicht mehr weit …

Nach dem kurzen, mächtigen Roman über das Massaker von Lidice verneigt sich Kersh nun vor den Menschen des Widerstands, vor aufrechten Menschen, denen ein inneres Licht innewohnt, das in der Dunkelheit sichtbar wird und zur Hoffnung der Menschheit gerät.

Verlag: Pulp Master Bd.47
978-3-946582-25-0 (ISBN)
1., 1. Auflage 2024
Seitenanzahl 128
€ 12,00 und als eBook 9,99

Wenn Frank Nowatzki sich einmal festgebissen hat, lässt er nicht mehr los. Festgebissen hat er sich in Klassiker des Brit-Noir. Nach Ted Lewis oder Derek Raymond auch in Gerald Kersh, den in Deutschland (und nicht nur hier) kaum einer kannte oder kennt, obwohl sein Roman NIGHT AND THE CITY zu den Begründern des Brit Noirs zählt und dank der Erstverfilmung von Jules Dassin mit Gene Tierney und Richard Widmark sein bekanntestes Werk ist.
Pup Master stellt dem deutschsprachigen Publikum diesen Klassiker vor. Jetzt ist als vierte Veröffentlichung Kershs zweiter Weltkriegs-Noir-Roman erschienen.

Berührend sind die angehängten „Nachbetrachtungen“ zu Gerald Kersh von Angelika Müller (die auch einmal mehr für die gute Übersetzung zeichnet) und Frank Novatzki.
Erschreckend wie schnell dieser einst viel gelesene Autor schon zu Lebzeiten (er starb 1968) vergessen war. Inzwischen erlebt er in Großbritannien eine Wiederentdeckung und sein Nachlass wird von Michael Moorcock gepflegt.

Das fulminante Nachwort ist ein erhellender literarischer Beitrag, der auch die Philosophie des Verlages darstellt und sich mit Noir als Genre auseinandersetzt. Vor allem erläutert es das Werk von Kersh in stilistischer Brillanz:
„Sein Werk erzählt von der Unfähigkeit, etwas verändern zu können, von Selbsttäuschung, mit der sich anfängliche Abscheu in Akzeptanz wandeln lässt; von plötzlichen Rissen, die alle Wege abschneiden und jeden in die Tiefe ziehen…“

Kersh gilt auch als (ein?) Begründer der jiddischen Kriminalliteratur allgemein… Aber darüber und vieles mehr berichten Frau Müller und Frank genaueres.



Schon wieder ein Tom Franklin! Die Freude ist groß by Martin Compart

Dank der Kernerarbeit von Frank Nowatzkis PULP MASTER bescheren uns die Abstauber von HEYNE HARDCORE nun Tom Franklin im Hardcover.

Aber wir wollen nicht ungerecht sein: die erste deutsche Übersetzung von Franklin war in der Allgemeinen Reihe von Heyne:

Es illustriert einmal mehr die heutigen Strategien der Großverlage:

1. Wir wurden – wodurch auch immer(Agent?) – auf einen neuen, vielversprechenden Autor aufmerksam.

2. Wir kaufen ihn und präsentieren ihn im Markt.

3. Er verkauft nicht soviel wie Dan Brown ab seinem dritten Buch. Wir sind nicht mehr interessiert.

4. Wir beobachten höhnisch, wie ein Kleinverlag seine weiteren Bücher in einer uninteressanten Nische des deutschen Marktes pflegt. „Naja, für ihn als Kleinverlag wirds ja reichen.“

5. Um den scheint sich sowas wie „Kult“ zu entwickeln. Und wir verkaufen von neuen Autoren immer weniger…

6. „Der kriegt immer mehr Aufmerksamkeit – auch im Buchhandel.“

7. Holen wir ihn zurück. Machen wir daraus ein Hardcover in der doppelten Auflagenhöhe von ungefähr der Auflage, die der Kleinverlag unter die Leute bringen konnte. Sonst hätte er ja keine drei Bücher durchgehalten. Und wenn wir als Großverlag ein paar Dollar mehr bieten, hat der Kleine keine Chance. Außerdem können wir ihm großherzig sagen: Das nützt ja auch Deiner Backlist.

.
Das gilt ja nicht nur für Heyne.
Seitdem Controlletis und Marketing in den Großverlagen die Macht übernommen haben, bestimmt die Logistik das Kriegsziel.



GESCHÄFTSMÄNNER UND WILDERER – Neues von Pulp Master by Martin Compart

Wenn mich auch die Frühjahrsvorschauen der meisten Publikumsverlage enttäuschten (nein, nicht wirklich enttäuschten; wer enttäuscht wird, muss Erwartungen haben), fängt das Jahr doch gut an:

Frank Nowatski hat in seiner Pulp Master-Reihe endlich zwei neue Bücher herausgegeben (die Copyrights beziehen sich noch auf 2020). Angesichts der Pandemielage sind zwei neue „Präsenz-Bücher“ mal eine gute Nachricht!

Eines ist die längst überfällige Neuauflage von Ted Lewis´ SCHWERE KÖRPERVERLETZUNG (GBH, 1980). Es war der letzte Roman, den die britische Noir-Ikone zu Lebzeiten veröffentlicht hat, und ich habe ein besonderes Verhältnis zu dem Buch: 2005 adaptierte ich es als Hörspiel für den WDR. Keine besonders erfreuliche Erfahrung, denn Lewis Werk musste für den Hörfunk auf ca. 55 Minuten zusammengestutzt werden, was ihm nicht gerecht werden konnte. Da hätte man besser zwei Folgen produzieren sollen, aber dafür reichten wohl weder Budget noch Sendeplätze.

Ted Lewis selbst gilt als „Vater“ des modernen Brit Noir und sein Roman JACK´S RETURN HOME als der Klassiker des Genres. Die Verfilmung von Mike Hodges mit Michael Caine unter dem Titel GET CARTER als bester britischer Gangsterfilm. Der jung gestorbene Autor hat diese Anerkennung nicht mehr erlebt (mehr zu Ted Lewis und Brit Noir in diesem Blog unter https://martincompart.wordpress.com/category/ted-lewis/ ).

Diese Ausgabe bietet nicht nur 333 ungekürzte Seiten, sondern auch ein Vorwort des großen Derek Raymond, der inzwischen selbst eine Noir-Ikone ist.
In seinem Nachwort von 1990 erzählt er auch von seinen Begegnungen mit Lewis, den er im selben Pub erlebte, da sie damals im selben Verlag veröffentlicht wurden:

„Alles, was ich jetzt noch tun kann, ist, ihm meinen Respekt für seinen Mut zu zollen, der es ihm ermöglicht hat, so zu schreiben, wie er es tat, solange er es tat, den Horror draußen mit Begriffen seines eigenen inneren Horrors zu beschreiben, wenn nötig mit der Hilfe von Alkohol oder irgendeiner anderen Waffe, die es ihm ermöglichte, seine Sache durchzuziehen… Er ist ein Beispiel dafür, wie gefährlich das Schreiben sein kann, wenn man es ernsthaft betreibt, und Ted Lewis‘ Werke beweisen, dass er nie vor irgendwas davongerannt ist.“

KLAPPENTEXT:

George Fowler ist der Kopf eines weitverzweigten Londoner Unterweltimperiums. Pornografie, im Großbritannien der 1970er illegal, ermöglicht ihm unschätzbare Einnahmen; Gewalt und Korruption halten die Maschine in Gang. Dieses hochgefährliche Gemisch droht zu explodieren, als er herausfindet, dass einige seiner Leute in die eigene Tasche wirtschaften. Als die Situation trotz einiger Säuberungsaktionen weiter eskaliert, taucht er für eine Weile in Mablethorpe unter, einem langweiligen Kaff an der Küste, um aus der Schusslinie und aus den Schlagzeilen zu verschwinden. Dies scheint fürs Erste zu gelingen, doch wohin mit den grausamen Erinnerungen, wenn man zu viel Zeit zum Nachdenken hat? George Fowler legt sie auf Eis und gießt Scotch darüber … viel Scotch …

Lewis‘ GBH gilt auch heute noch als einer der brillantesten Kriminalromane, die in Paranoia und in den Wahnsinn der Londoner Unterwelt der späten 1970er eindringen und eine faszinierende Geschichte von Macht, Liebe, Hybris und Verrat entfesseln.

Vor der Legalisierung Anfang der 1980er Jahre war Pornographie der größte Wachstumsmarkt in England. Dank gesetzlicher Schlupflöcher konnte sie halblegal an bestimmten Orten vertrieben werden, und die Porno-Produzenten wurden in Halb- und Unterwelt so mächtig wie die Gangster früherer Jahrzehnte (Sabinis, Krays, Richardsons etc.). Michael Apted nahm sich dieses Themas bereits 1977 in seinem grandiosen Film THE SQUEEZE nach einem Roman von David Craig (d.i. James Tucker alias Bill James) an.
Insofern ist GBH über die literarische Qualität hinaus auch ein bemerkenswertes Zeitdokument.

Mit der zweiten Neuerscheinung setzt Nowatski seine Tom Franklin-Edition innerhalb von PULP MASTER fort. Die Kurzgeschichtensammlung WILDERER (POACHERS) war 1999 Franklins erste Buchveröffentlichung, und die Titelgeschichte brachte ihm einen Edgar-Allan- Poe-Preis ein.

Als herausragender Vertreter des Country Noir, Southern Gothic oder einfach der US-amerikanischen Südstaatentradition wird sein bisher schmales Werk gerne mit Cormac McCarthy oder Flannery O´Connor verglichen.

KLAPPENTEXT:

Im Süden Alabama war es einst üppig und grün. Doch der alte Süden liegt in den letzten Atemzügen, während der neue, moderne Süden das Leben der einfachen Leute in die Hand nimmt. Der Kampf um die Vorherrschaft und das ruhige, selbstbestimmte Dasein sind längst vorbei, doch die alten Wunden müssen erst noch heilen. Sie sprechen von einer Welt der Jagd und des Fischfangs, des Glücksspiels und der Niederlage, des Trinkens und Wilderns. Männer sind hier untreue Ehemänner, Wildfrevler, skrupellose Intriganten, unsympathische Mörder. Sie betrügen ihre Arbeitgeber, erpressen einander, machen Schulden, trinken zu viel und ignorieren Gesetze. Mit dieser Sammlung von zehn Geschichten gelang Tom Franklin der Durchbruch. Diese seltsame, aber faszinierende Welt ist gefüllt mit mutigen Charakteren, die verloren sind, vertrieben wurden oder sich in einer Welt gefangen fühlen, die sich längst in die Zukunft bewegt hat, bevor sie sich darauf vorbereiten konnten.

Dieser Kurzgeschichtenband bestätigt meine eingängige Bemerkung:
Welcher Großverlag würde es heute noch wagen, einen Band mit Short Stories für den deutschen Markt zu veröffentlichen? Und man kann es ihnen nicht mal verübeln: In einem Land, in dem literarische Kretins wie ein Fitzek die Bestsellerliste anführen, muss man als Wirtschaftsunternehmen das Niveau des Produkts weitgehend nach unten kalkulieren, wenn man ein Geschäft machen will. Wie es Malraux ausdrückte: „Der eigentliche Tod ist der Verfall.“

Die Figuren in Franklins Süden sind Verlorene und Gefangene in einer Welt, deren Bewegungen sie nicht verstehen. Fast so etwas wie die Typologie von Trump-Wählern.
Die Titelgeschichte ist eine Backwood-Novelle, die man fast als Hintergrundsbericht über die Hillbillys aus DELIVERANCE lesen kann.

Tom Franklin über sein Buch:
Oddly, I didn’t realize that poaching was the theme until the stories–as a collection– were nearly done. I thought the main theme was contamination, how we’re screwing up our environment. The book was originally going to be called “Don’t Touch the Ground,” after a story that we took out. The three brothers (in der Titelgeschichte) are based on the the Wiggins brothers I mention in the book’s introduction. These guys were amazing and fluid in their surroundings. They could catch any fish, kill any deer. They were like mountain men to me. I envied how at ease they seemed, where I felt alien in my childhood.

https://martincompart.wordpress.com/category/tom-franklin/

SCHWERE KÖRPERVERLETZUNG
PULP MASTER Bd.44; 1., 1. Auflage 2020 (18. Dezember 2020)
Originaltitel: G.B.H.
Deutsch von Angelika Müller
334 Seiten; 14, 80 €
ISBN 978-3-927734-04-5

WILDERER
PULP MASTER Bd.54; 1. Auflage 2020 (18. Dezember 2020)
Originaltitel : Poachers
Deutsch von Nikolas Stingl
256 Seiten; 14,80 €
ISBN 978-3-946582-07-6



KRIMI DES JAHRES 2017 by Martin Compart

In unregelmäßiger Folge nennen hier ausgewiesene Kenner des Genres einen Titel, der sie 2017 besonders beeindruckt hat. So wollen wir nicht das Weh beklagen, das die meisten Neuerscheinungen erzeugt haben, in ihrem erstaunlichen Niveau.

MARTIN COMPART
Die beste Neuerscheinung, die ich letztes Jahr gelesen habe, ist der zweite Roman des herausragenden Southern-Autors Michael Farris Smith.Sein Erstling, RIVERS, erschienen bei Heyne, ist bei uns völlig untergegangen und auch noch als eine Art SF verkauft worden. Dabei war es eher eine Horror-Noir-Quest. Mit DESPERATION ROAD schrieb er ein Meisterwerk, das Southern Noir mit poetischen Realismus verbindet. Die heimatlose Maben streift mit ihrer Tochter durch Mississippi um eines Tages in einem üblen Kaff zu landen. Ihre letzten Dollar gehen fürs Motel drauf. Nach elf Jahren Knast (weil er jemanden totgefahren hatte) kommt Russell in dieses Kaff, das seine Heimatstadt ist, zurück um von den rachsüchtigen Brüdern seines Opfers empfangen zu werden. Russel wird zusammengeschlagen und soll sich auf die ganze Wucht der Rache freuen… Maben wird vom Deputy vergewaltigt, den sie erschießen kann, bevor seine Kumpels zum Gangbang kommen. Und dann fängt endlich der Spaß an.

‚One of the best writers of his generation, Desperation Road may very well be his best work‘ – Tom Franklin

http://bittersoutherner.com/from-the-southern-perspective/politics/the-united-states-of-mississippi-michael-farris-smith

 

 

MiC:
Herr Compart bestand darauf, dass das Buch hierzulande zwischen Januar und Dezember 2017 erschienen sein muss. Der Monat wäre egal, das Jahr Pflicht.

Auf zwei gelesene Titel treffen o.g. Kriterien zu:

Antonin Varenne, Die Treibjagd, Penguin – dreckige Machenschaften in der französischen Provinz, jedes Arschloch kassiert mit, ein „Heimatkrimi“, der rockt.https://martincompart.wordpress.com/category/antonin-varenne/

Jérome Leroy, Der Block, Edition Nautilus – der Aufstieg einer nationalistischen Partei in Frankreich bis in die Hallen der Staatsmacht, erhellend, spannend, Parallelen erkennbar

In Frankreich bereits 2015 bzw. 2011 erschienen. Beide empfehlenswert.

Nicht den o.g. Kriterien entsprechend, dafür absolute Knaller, drei Sachbücher, die tief in die Mechanismen unserer Welt blicken, alle drei dazu „echte Spannungslektüre“:

The Killing of Crazy Horse, Thomas Powers – die feige Entsorgung eines dem System gefährlichen Helden. Powers ist u.a. der Autor eines Buches über Richard Helms (1979), das auch bei uns einiges Aufsehen erregte.

The Last Stand, Nathaniel Philbrick – Eitel-Custer als Prototyp des kapitalistischen Aufsteigers und PR-Profis in eigener Sache.

Heroes, Massmurder and Suicide, Franco Berardi – die neuen „Helden“ unserer kapitalistischen Realität werden im Titel verraten.

FRANK NOWATZKI:
„Krimi des Jahres“ klingt überkandidelt, „Krimi-Debüt des Jahres“ trifft es dagegen für meinen Geschmack schon eher, auf jeden Fall war er für mich mit seinem individuellen, literarischen Sound, der seinen amerikanischen Vorbildern wie Raymond Carver oder Barry Hannah in nichts nachsteht „die Überraschung des Jahres“. Wir sprechen von: Sven Heuchert mit „Dunkels Gesetz“. http://www.pulpmaster.de/wp/dunkels-gesetz-ein-interessantes-debuet-von-sven-heuchert/
Ich freue mich jedenfalls jetzt schon wie Bolle auf seinen neuen Storyband „Könige von nichts“, der im Frühjahr bei Bernstein erscheinen soll.

MYRON BÜNNAGEL
Dieses Jahr stand eher im Zeichen von abgegriffenen Taschenbüchern,
statt Neuerscheinungen. Aber eine gab es doch:

54 x 13 – Die Tour de France nach Jean-Bernard Pouy

Zwar von 1996, aber dieses Jahr in einer Neuübersetzung im egoth Verlag erschienen. Vier gnadenlose Stunden der Tour. Eine schonungslose Berg- und Talfahrt. /54 x 13/ bildet dabei das perfekt zusammengeschraubte Rennrad für diese Tour de Force.http://www.mordlust.de/jean-bernard-pouy-54-x-13/

Hanspeter Eggenberger:

Gar nicht so einfach dieses Jahr.
Der Hammer war nicht dabei.
Also:
Eine Wahnsinnsentdeckung hat das ausgehende Jahr im Krimibereich für mich nicht gebracht. Zu den Sachen, die ich sehr gerne gelesen habe, gehört insbesondere
Wallace Stroby: „Geld ist nicht genug“ (Pendragon),
der zweite Band der Reihe um Crissa Stone.
«Crissa zog sich die Skimaske über das Gesicht, trat auf die Kupplung des Schaufelladers und schaute über den Asphalt zum Geldautomaten hinüber und dem rotgeziegelten Bankgebäude dahinter.» Mit diesem ersten Satz ist man mitten drin in der Geschichte um die Berufskriminelle. Sie kommt ein bisschen rüber wie eine kleine Schwester von Parker, dem Helden der legendären Romanreihe von Richard Stark (bzw. Donald E. Westlake). Wie Parker geht es Crissa in dieser Geschichte, die vor allem von Treue und Verrat handelt, darum, das Richtige zu tun, auch wenn es illegal ist. Ganz auf der Höhe von Stark/Westlake ist der 1960 geborene Stroby nicht, aber das kann ja noch werden. Ich freue mich jedenfalls schon auf den nächsten Band, „Fast ein guter Plan“, der im kommenden Februar erscheint.


PETER HIESS
:

Sterben auf Italienisch/Tod auf der Piazza (metro/Unionsverlag)

Viel zu spät draufgekommen … also habe ich mit den zwei letzten Büchern der hervorragenden Aurelio-Zen-Reihe begonnen. Und die sind großartig! Alles andere als geschmäcklerische Literatur für sozialdemokratische Toscana-Rentner, sondern vielmehr witzige, gut erzählte Krimis um einen sympathischen (und angenehm unneurotischen) Ermittler, der als Polizist immer wieder an anderen Orten Italiens stationiert ist. Michael Dibdin nimmt verblödete Silicon-Valley-Millionäre, verstockt-verbrecherische Bergbewohner und verkokste Fernsehköche aufs Korn – und zeigt dabei nicht nur seine Liebe zum Land, sondern auch zum Krimi. Genau das zählt. Musste sofort die neun Vorgänger kaufen.


AMBROS WAIBEL:

Mir hat Sven Heucherts „Dunkels Gesetz“ am besten gefallen. Die Begründung steht (hoffentlich) hier:

http://www.taz.de/!5451251/

Und um es mit Heiner Müller zu sagen: Wenn ich es anders hätte sagen können, dann wäre ich nicht extra nach Siegburg gefahren. Ich freue mich einfach auf alles, was aus der Heuchertschen Werkstatt noch so kommen mag.



EINE ART JAHRESRÜCKBLICK 1 by Martin Compart
16. Dezember 2015, 10:13 am
Filed under: Bücher, NEWS, Rezensionen, TV-Serien | Schlagwörter: , , , ,

 

Auch mein Blog schreckt vor einer Art Jahresrückblick nicht zurück. Deshalb habe ich ein paar prominente Experten befragt, was sie 2015 besonders beeindruckt hat. Hier die ersten Ergebnisse für die Kategorien:

1.Fiction/Crime Fiction

2.Non-Fiction

3.TV-Serie und/oder Film

4.Enttäuschung des Jahres.

 

01b-1121x12801[1]PETER HIESS:

Fiction:

James Carlos Blake – Pistolero (Liebeskind)

  1. Die schönste Outlaw-Geschichte seit langem. Und ein Auftrag, wieder mehr gute Western zu lesen.
  2. Non-Fiction:
  3. Jeff Archer – Uncle Sam’s erster Kolonialkrieg in der Alten Welt (Ahriman). Weil es gut ist, eine Alternative zu den geschichtsverfälschenden Kriegshetzer-Stories der Lügenpresse zu lesen. Ja, es war ein Überfall – ja, die Gründe waren billige Vorwände – ja, es war ein Angriffskrieg der Monopol-Imperialmacht der Gegenwart.

Serie:

Penny Dreadful, Season 2

Frankenstein, Dracula, Werwölfe, Dorian Gray, Hexen, viktorianisches London … und in Staffel 3 sollen auch Dr. Jekyll und sein Alter ego eine wichtige Rolle spielen. Man muß kein Goth sein, um diese Serie zu lieben.

ENTTÄUSCHUNG DES JAHRES:

„True Detective 2“: War schon die (von den postmodernen Ironiedeppen) zu Tode gehypete erste Staffel im Endeffekt eine Enttäuschung – Was war denn jetzt mit dem „King in Yellow“? Warum mußten wieder irgendwelche inzüchtlerischen Rednecks die Mörder sein? Und können zwei Schauspieler noch selbstverliebter agieren? -, so brachte Season 2 selbst Fans spätestens bei der dritten Episode zum Abschalten. Eine schlecht konstruierte Story, durchwegs unsympathische und noch dazu von unsympatischen Schauspielern dargestellte Figuren und eine tödlich langweilige Inszenierung … thanks, but no thanks. Da schauen wir uns lieber „Justified“ oder „The Shield“ noch einmal an.

 

MiC:

1.Fiction/Crime Fiction nichts, was 2015 erschienen ist.

2.Non-Fiction nichts, was 2015 erschienen ist.

A tie:  Xenophon, The Persian Expedition, Penguin Vintage – großes Abenteuer und große Selbstdarstellung, das vielleicht längste Bewerbungsschreiben der Welt, und, The Peregrine, J.A. Baker, NYRB-classics – perfekte Naturbeobachtung, ein Mann wird eins mit einem vom Aussterben bedrohten Falken Essential for a writer: Shakespeare, Peter Ackroyd – was für ein Buch, Shakespeare und seine Zeit, aus Sicht seiner Zeit, riesig – Collected Letters of John Steinbeck, Penguin – Steinbecks unbeabsichtigte Autobiografie, Briefe von den 1920er Jahren bis 1968.

3. TV-Serie und/oder Film 2015 Reality-Series:

Hunted 2015, Channel 4 – der Überwachungsstaat führt sich und uns alle vor…   Docu-Serie: Jinx, HBO – ein Mörder entlarvt sich selbst oder auch nicht, True Crime at ist best Drama-Serie: Mr. Robot, USA-Channel – die mit Abstand originellste Serie in diesem Jahr… Storylines, Charaktere, visuelle Umsetzung, Maßstäbe setzend Dieses Jahr erst gesehen… A tie, Drama-Serie: Happy Valley, BBC; Silk, BBC; Boss, Starz – großartige Charaktere, grandiose Schauspieler, phantastische Scripte Beste Folge einer Drama-Serie seit Deadwood: Boss, Season 1, Episode 7 – elliptisch, gigantisch, Mayor Tom Kane’s Charakter völlig entlarvt. Docu-Film: Seduced & Abandoned, James Toback – beste Innensicht auf Kino, Liebe, Leidenschaft und die leidige Sache mit dem Geld.

 

frank_nowatzki[1]FRANK NOWATZKI:

Fiction:

Sven Heuchert, Asche. Stories. Bernstein Verlag.

Der Sound der Suburbs mal auf deutsch: Hier erzählt einer über Loser, Malocher, Kriminelle und Säufer in der Provinz und er hat seinen eigenen Sound bereits gefunden. Die Vorbilder Bukowski und Algren schimmern durch, so gar ein wenig Carver. Das kommt nicht oft so unprätentios aus deutscher Feder. Den Kerl sollte man auf dem Radar behalten.

Non-Fiction:

Fabian Scheidler, Das Ende der Megamaschine – Geschichte einer scheiternden Zivilisation, Promedia Verlag, Wien.

Wieso unser System trotz Makel so makellos funktioniert wie es funktioniert und warum es letztendlich scheitern muss, das hat Fabian Scheidler – angesichts des komplexen Themas – gut strukturiert und leicht verständlich zusammengetragen. Eine Bereicherung. Ein Muss. Eine Offenbarung.

Serie:

Ray Donovan (3.Staffel)

Während Ray (Liev Schreiber) für megareiche L.A. Celebrities bei ihren Entgleisungen die Kohlen aus dem Feuer holt und ihnen Presse und Polizei vom Leib hält, wühlt Vater Mickey (Jon Voight), ein Krimineller alter Schule, weiter im Bodensatz nach schnellen Dollars. Grandios gespielt, perfekt inszeniert, abwechselnd komisch, brutal, sexy, nie oberflächlich. Hier gehen vor und hinter der Kamera Vollprofis zur Sache.

 

Ambros WAMBROS WAIBEL:

 

Fiction:

Und mir fällt leider wirklich keine Belletristik ein, die spuren hinterlassen hätte.

 

Non Fiction Robert Kisch: Möbelhaus http://www.droemer-knaur.de/buch/7985703/moebelhaus

Das ist kein wirklich gutes buch. aber mehr realität gibt es halt nicht in deutschland. wenn der autor nicht diese story des einst berühmten journalisten hätte, wäre es wahrscheinlich auch nicht durch die großverlagszensur gegangen.

 

Serie/Film: Sense8

sense8 ist ein spektakel. und versucht zumindest unsere tatsächliche zeit abzubilden. macht spass.