Martin Compart


R. EVOLVER ÜBER SUPER PULP by Martin Compart
26. Februar 2021, 10:43 am
Filed under: Andreas Winterer, Buchbranche, Cover-Art, Interview, Pulp | Schlagwörter: , , , , ,

Ein Interview mit dem Mastermind von EDITION SUPER PULP.

Du veröffentlichst seit einem Jahr das Magazin im BLITZ-Verlag. Wie kam es eigentlich zu dieser Zusammenarbeit?

Vielleicht vorab ein paar Worte zur Geschichte des Magazins. SUPER PULP war ja anfänglich ein Werbemittel des Wiener EVOLVER-BOOKS-Verlags – wer zwei Titel aus dem Portfolio bestellte, bekam das Magazin (damals noch im Heftformat) gratis dazu. Dereinst fungierte Verlagschef Peter Hiess als Herausgeber und ich produzierte das Heft. Als Peter später den Verlag aus privaten Gründen zusperrte, brachte ich SUPER PULP in Eigenregie heraus.

Im Zuge einer PR-Aktion auf den üblichen Social-Media-Kanälen hat mich dann BLITZ-Chef Jörg Kaegelmann kontaktiert, um mir ein – in Zeiten wie diesen – fast schon „unmoralisches“ Angebot zu machen: Wenn ich das Magazin bei ihm herausbrächte, hätte ich völlige inhaltliche Autonomie. So was lässt man sich als Medienproduzent und Herausgeber nicht zweimal sagen – und jetzt bin ich mit meinem „Kind“ eben bei BLITZ, was dem Format extrem gut tut. In vielen Belangen …

Wie läuft die Zusammenarbeit?

Sehr gut. Wie erwähnt, bin ich der Herr über „meine“ Stoffe, muss mich dafür aber nicht mit kreativitätsfressenden verlegerischen Agenden wie etwa dem Vertrieb der Bücher, dem Verwalten der Belegexemplare oder der Messeorganisation (und und und) herumschlagen. Nur die Aufmachung und Visualisierung des Magazins wird von Jörgs Argusaugen streng überwacht. Aber in diesem Punkt ticken wir sowieso absolut gleich, insofern ist auch hier alles eitel optimal …

Es kommen ja mit schöner (Un)regelmäßigkeit mehrere Ausgaben – auch physisch und nicht „nur“ als eBook – heraus. Wie kriegst Du das hin?

Nun, ganz so unregelmäßig ist es ja nicht. Wir erscheinen – gemäß des üblichen BLITZ-Intervalls – zweimal im Jahr: Im November und im Mai sind die großen Auslieferungstermine zu denen auch die SUPER PULP-Ausgaben (print und elektronisch) herauskommen. In der Regel sechs Nummern pro Jahr, also mindestens drei im Herbst und drei im Frühjahr. Und wie ich das hinkriege? Nun, es ist ein Herzensprojekt, das natürlich Ressourcen in Anspruch nimmt. Aber was würde ich sonst mit meiner freien Zeit, neben der Medienproduktion für ein großes Wiener Schulungsunternehmen, machen? Fußball oder Karten spielen? Das wär nicht mein Ding. Darüber hinaus – und das soll hier nicht unerwähnt bleiben – finde ich große Unterstützung bei meiner Chefredakteurin Julia Götzl, ohne die ich die sechs Titel im Jahr nicht stemmen würde.

R. Evolver

Der Schwerpunkt des Magazins liegt auf Kurzgeschichten. Kommerziell heute leider ein wenig attraktiver Markt. Wie schätzt Du das Medium ein?

Ich fahre hier einen alternativen Kurs. Zunächst ist SUPER PULP ja keine Anthologie im herkömmlichen, sondern ein Pulp-Magazin im klassischen Sinn. Die Geschichten darin folgen also keinem speziellen Themenbogen, sondern orientieren sich an den klassischen Phantastik-Genres Horror, Science Fiction und Noir-Thriller. Es gibt zu jeder Story einen redaktionellen Aufmacher und außerdem einen gesonderten Essay-Teil zu einem Pulp-Thema. Darüber hinaus erscheinen in SUPER PULP Fortsetzungsgeschichten bzw. Stoffe mit wiederkehrenden Prota- und Antagonisten. Das hab ich mir übrigens vom guten alten Springer-ZACK abgeschaut, dass meine späte Kindheit und frühe Jugend geprägt hat. Jedenfalls bindet diese Strategie das Publikum viel stärker ans Format.

Daneben fahre ich noch die sogenannte SUPER PULP MONDO FICTION – diese Sonderausgaben erscheinen im Zuge der regulären Nummerierung und sind abgeschlossene Romane. Jede dritte SUPER PULP-Nummer sollte eine MONDO FICTION sein. Bis jetzt hab ich das Intervall geschafft …

Auch Andreas Winterer gehört zu den Autoren!

Nach welchen Kriterien wählst Du die Kurzgeschichten aus?

Nun, da hab ich zwei Strategien. Einerseits motiviere ich mir bekannte Autoren, die ich schätze, etwas zu entwickeln, einen Handlungsbogen oder Figuren, die immer wieder im SUPER-PULP-Universum auftauchen. Der größere Umfang und die stärkere Präsenz ist meist ein Anreiz für meine Edelfedern, aktiv zu werden. Andererseits bekomme ich viel Material zugeschickt, das ich auf meine Weise filtere. Ich nehme mir stets vor dem Schlafengehen eine dieser Geschichten vor. Wenn ich das Zeug schon nach ein paar Absätzen weglegen möchte, war’s das. Wenn ich aber über die ersten Seiten drüberkomme, wird es interessant. Dann fisch ich mir den Schreiberling und arbeite mit ihm das Material ein bisschen durch, gebe Feedback und schaue, wie er oder sie meine Vorschläge verwertet. Wenn da nix kommt, außer selbstverliebtes Schmollen, dann lass ich es. Aber meist ist mein Gegenüber hart im Nehmen und es entwickelt sich schnell eine konstruktive Basis und kreative Dynamik … und hier beginnt dann eben das Abenteuer, auf das ich so stehe.
Was bei mir gar nicht geht, sind Ausschreibungen oder gar ein blöder Wettbewerb, wo ich mich womöglich in die gottgleiche Rolle eines Jurors erhöhen müsste. Diese quantitative Art des Rattenfangs überlasse ich gern den zahlreichen Anthologie-Initiativen. So was interessiert mich nicht.

Ich bin ein Fan der Cover. Einerseits stehen sie in der Tradition der alten Pulps und Paperback Originals, andererseits wirken sie durch den Einfluss von Pop-Art modern und sehr kraftvoll. Wie läuft da der Prozess?

Da gibt es zwei Wege. Im Zuge des ersten öffnen sich mir in regelmäßigen Abständen die Archive namhafter Zeichner, mit denen ich befreundet bin. Ich bin dann in der glücklichen Situation, dass ich mich durch zahlreiche Entwürfe klicken und genau jenen auswählen darf, der perfekt zu einer meiner Geschichten passt. Dieser Entwurf wird dann fürs Cover finalisiert. Alternierend gebe ich Covers bei Künstlern in Auftrag. Was gar nicht mehr geht, sind die üblichen öden Photoshop-Kompositionen, die derzeit mindestens jedes zweite Buchcover zieren. Von diesem billigen Trend möchte ich mich ganz bewusst absetzen, wie überhaupt von jeglichem Mittelmaß. Bei der Gelegenheit: Auch das Pseudo-Extreme geht mir auf den Hintern. Vor allem im Bereich Horror, wo sich – und diese Polemik leiste ich mir – Spätpubertierende, die offenbar zu wenig Therapiestunden oder zu wenig Sex (oder beides) haben, in grindigen Überspanntheiten austoben …

Wie sieht die Infrastruktur des Vertriebs aus. Ich denke, Ihr liefert vor allem direkt an Abonnenten. Oder gibt es auch stationäre Comic- SF-Läden, die das Magazin führen?

In erster Linie laufen die BLITZ-Bücher über Abos oder den Direktvertrieb via BLITZ-Webseite, was in Zeiten wie diesen ja kein schlechtes Konzept für einen kleinen Verlag ist, weil er dadurch von den Großen unabhängig ist und gezielt sein eigenes Segment aufbauen kann. Darüber hinaus sind die BLITZ-Bücher als eBooks auf allen gängigen Portalen erhältlich. Der Buchhandel ist hier sicher ein bisschen das Stiefkind. Über die üblichen Grossisten sind die Titel jedenfalls nicht lieferbar. Aber ich kenne einige Händler, die direkt bei BLITZ bestellen. Kurz und gut: Wer uns finden möchte, muss wohl ein bisschen (im Netz) stöbern – eine Suche, die sich auszahlt!

https://www.super-pulp.com/



CHARLES BRONSON P.S. by Martin Compart
10. Mai 2016, 6:40 am
Filed under: Andreas Winterer, CHARLES BRONSON

Auf ZARATHUSTRAS MIESE KASCHEMME gibt es einen wunderbaren subjektiven Beitrag zu Charly: http://kaschemme.de/ich-denke-an-charles-bronson/



NACHLESE 2015 von Andreas Winterer by Martin Compart
14. Januar 2016, 12:11 pm
Filed under: Andreas Winterer, Nachlese 2015, Rezensionen | Schlagwörter: ,

61pp5I3G+CL._UX250_[1]1. Fiction:

Da war nichts interessantes dabei.
2. Non-Fiction.
Auch nicht.
3. Filme
Bond? Nö, keinen Bock mehr. Mit großem Genuss schaute ich mir lieber Liam Neesons dritten Taken-Film an: ein Aufguss zwar, und leider versöhnlicher als die schön schamlos brutalen Teile 1 und 2, aber immer noch prima dümmlicher Action-Quark ohne jeglichen Sinn und Verstand. „Star Wars“ war gerade noch okay, aber halt nur ein mutloser Aufguss – Angst und Furcht führten hier zu innovationslosesten Seite der Macht und zu „noch einem Todesstern“; jenseits des armseligen Drehbuchs fiel noch auf, dass die beiden Bösewichter sich an grottenpeinlich inszenierter Lächerlichkeit übertrafen. Dass nun aber auch der „neue Darth Vader“ vor Gefühlsduseligkeit greint, ist irgendwo auch zeitgemäß, ebenso die eklige Anbiederung an alte und neue Zuschauer. Hassen sollte man Star Wars 7 dennoch: Weil der Film ohne echten Grund Han Solo auf völlig unwürdige Weise gekillt hat. Immerhin bietet die enttäuschte Reaktion der SW-Fans auf den Umstand, dass die nunmehr knapp 60jährige Prinzessin Leia im Bikini nicht mehr als Primärwichsvorlage für Spät- und Nachpubertierende taugt, eine gute Gelegenheit, sich von diesem ganzen Flucht-in-die-Fantasy-Fandom und Hollywoods allgemeinem Peter-Pan-Syndrom zu distanzieren.
https://www.youtube.com/watch?v=-fblra78zdg
3b. Serien
Das einzige Kulturgut, dass man derzeit konsumieren kann. „Hemlock Grove“ ist das interessanteste, was je im Umfeld ‚Was mit Vampiren & Werwölfen‘ gemacht wurde. „Penny Dreadful“ entwickelte sich in Staffel zwei zu einem echten Knaller. Aber der wirkliche Sensation ist „Jessica Jones“, die man sich sogar dann ansehen kann, wenn einem die Superhelden-Gülle eigentlich schon zum Hals raushängt. Mutig in zahlreichen Entscheidungen ist das eine Serie, die man sich nicht einfach rein-bingen kann wie die üblichen Stream-Burger, sondern jede nächste Folge lieber aufhebt, damit man sie noch vor sich hat. Gerne würde ich sowas über die allenthalben gehypte Dick-Verfilmung „The Man in the High Castle“ sagen, aber leider hab ich mir da beim Gähnen den Kiefer ausgerenkt. Dann doch lieber „Fallout 4“ spielen…
https://www.youtube.com/watch?v=s3UYWK2jeX0
https://www.youtube.com/watch?v=ZLDFVVCNNG8


ERBAULICHE LEKTÜRE FÜR DIE HEILIGE ZEIT by Martin Compart

Der eine oder andere wird über die Feiertage vielleicht keinen Abenteuerurlaub machen und zwischen den obligatorischen Besuchen auch den Volksempfänger meiden. Wer die Tage lieber lesend verbringt, soll hier ein par höchst subjektive Empfehlungen erhalten (oder letzte Geschenkideen).

5656Seit Jahren pflegt der Heyne-Verlag vorzüglich das Gesamtwerk des großen Hunter S.Thompson, der den politischen Niedergang der USA seit den 1960ern aktiv als Kandidat und als beobachtender Autor begleitet hat, Er war und ist die nachhallende Stimme der Revolte und schrieb so, wie Keith Richard (mit dem er befreundet war) Gitarre spielt. Jetzt gibt es dank Heyne einen 770-Seiten-Schinken, der alle Reportagen Hunters für den ROLLING STONE enthält. Dazwischen eingestreut sein Briefwechsel mit STONE-Gründer und Herausgeber Jann Wenner. Nachrichten aus einer anderen Zeit, deren schlimmsten Weichenstellungen bis heute fortwirken. Hunter war wirklich ein sehr, sehr wütender Mensch. Er ist wohl nie darüber hinweg gekommen, dass er anfangs auf Bill Clinton (…er hat Oralsex während der Arbeitszeit gesellschaftsfähig gemacht.“) hereingefallen ist.

Hunter S,Thompson
DIE ROLLING STONE JAHRE
Heyne; 770 Seiten; 24,99 €.

920300
Nicht Jedes Buch, das aus dem viel geschmähten Kopp-Verlag kommt, taugt nicht. Der eitle Litauer Daniel Estulin hat für sein Buch SCHATTENMEISTER: „Wie Regierungen und deren Geheimdienste mit internationalen Drogendealern und Terroristen zusammenarbeiten“ ordentlich herum geschnüffelt und zum Teil Fakten ausgebuddelt, die man vielleicht noch nicht kannte (wie IWF und die USA etwa Russland unter Jelzin ausgeplündert haben). Vieles Behauptungen erscheinen mir strittig und oft genug vergaloppiert sich der Autor. Aber einiges ist neu und verdammt interessant. Ein Buch für den fortgeschrittenen und in sich gefestigten „Verschwörungstheoretiker“, der bereits über genügend Wissen verfügt um Estulins Erkenntnis richtig zu bewerten. Denen wird das Buch eine Menge bieten. Leider sind Übersetzung und Lektorat nicht optimal.

Daniel Estulin
SCHATTENMEISTER
Kopp Verlag; 420 Seiten; 9,95 €.

kopfjägerDie neue Crime-Reihe des Festa Verlages beginnt mit einem Knaller:
Der Name Michael Slade beinhaltet seit 1984 mit das Aufregendste, das die kanadische Kriminalliteratur zu bieten hat: Mountie Noir. Der 1947 geborene Jurist und Historiker Jay Clarke legte damals mit Der Kopfgeldjäger den ersten Band seiner „Special X“-Serie vor. Dabei handelt es sich um eine Abteilung der RCMP, die sich mit Serienkillern und okkulten Verbrechen beschäftigt. Das klingt mittlerweile zwar so ausgelutscht wie ein alter Kaugummi von Elvis, war es damals aber nicht und ist es heute immer noch nicht. Dem Historiker Clarke gelingt es nämlich ebenso spannend vergessene Ereignisse der Geschichte (besonders der kanadischen) als Hintergründe einzuarbeiten, wie unglaublich bizarre Figuren und erschreckende Szenen zu beschreiben. Inzwischen haben sich einige Koautoren zu Clarke gesellt, die sich aber bestens in das Slade-Konzept einfügen. Und das heißt ganz einfach: Bei der Lektüre sollte man Beruhigungsmittel bereitlegen. Eine komplette Würdigung muss an anderer Stelle erfolgen.

Michael Slade
KOPFJÄGER
Festa Verlag; 528 Seiten; 13, 95€.

Bradley_Cover_high Und ich werde nicht müde, auf Andreas Winterers Scott Bradley zu verweisen, den Mann aus dem Dirty-Tricks-Departmrnt von Perry Rhodan!
Die Galaxis steht vor dem Abgrund … doch Weltraum-Commander Scott Bradley ist längst einen Schritt weiter. Als dickfelliger Söldner und trinkfester Haudrauf ist er vor allem für tödliche Einsätze zu haben. Dabei operiert er stets jenseits von Gut und Böse und befreit das Universum von Aliens, Blobs, Mutanten und politisch korrekten Gutmenschen. Eine lustbetonte Ein-Mann-Armee, die Imperatoren, Partisanen und schönen Damen gleichermaßen unter die Arme beziehungsweise in die Gedärme greift, KULTURPLATZ brachte es auf den Punkt: „ Auch für Dumpfbacken tauglich und knallvoll mit Schwachsinn. Perfekte Trash-Literatur. Was willst du mehr, Leser?
Tief durchatmen und …. waaa-aaa-aaa!!! Der Untertitel ist Programm. Der totale Overkill an Blödheiten, Anspielungen und … Blödheiten. Auf jeder Seite des freundlich handlichen Büchleins finden sich mindestens ein halbes Dutzend … Blödheiten. Andreas Winterer hat in das Büchlein doppelt mehr Unfug hineingepackt als Mel Brooks in Spaceballs untergebracht hat. Und das will was heißen. Hut ab und Kratzfuß, lieber Andreas Winterer“
Wie könnte man auch ein Buch nicht bewundern, in dem so kunstvolle wie intelligente Sätze stehen (mein Lieblingssatz) wie: “Der Kobalt-Torpedo zischte vorbei, schrammte die Heckflosse und verlor sich dann in der Ferne des Alls (wo er dann Lichtjahre später aus Versehen eine hochstehende und gottesfürchtige Zivilisation auslöschen würde: die Supernova hatte jedoch auch ihr Gutes, da sie auf einer fernen Welt drei Typen aus dem Morgenland den Weg wies, was zahllose weitere Kriege, Folterungen und Steuern nach sich zog, aber das ist eine andere Geschichte).”

Andreas Winterer:
SCOTT BRADLEY
Evolver Books; 213 Seiten; 14 €.
Jetzt als eBook bei Kindle als kostenloser Download.
Besser ist aber ein „richtiges Buch“, dass man sich von Andreas signieren lassen kann (der Verlag macht da garantiert mit)!

Unbenannt-2 Zsolnay hat uns jetzt lang genug mit den Pastiches von Donald Westlake über den altersschwachen Parker gelangweilt. Jetzt bringt der Verlag den neuen schottischen Noir-Star Tony Black. Sein zweiter Gus Dury-Roman beginnt damit, dass Gus einen Hund rettet, der von einer jugendlichen Gang gequält wird. Und dann stolpert der härteste Alkoholiker Edinburghs auch bald über eine Leiche. Der zuständige Bulle, der Durys Ex heiraten will, verpasst ihm erstmal eine Abreibung und macht ihn zum Verdächtigen. Alles noch harmlos, denn dann geht es erst richtig los und der großartige Autor schleift den Leser am Schlafittchen durch die Hinterhöfe der Hölle. “At the start of Gutted, he’s caught up in another brutal city killing and he suspects it’s not going to be long before he’s put in the frame. Add to that the fact that he’s inherited a pub – which is like putting a pyromaniac in charge of a fireworks factory – and it’s clear to see things have gone from bad to worse for the poor bloke.” Dummerweise wird Black gerne als „neuer Ian Rankin“ bezeichnet. Quatsch. Er ist anders und viel besser. „ Inside the crime genre I like Jim Thompson and David Goodis, and contemporary writers like Ken Bruen and Martyn Waites. I’m a huge Irvine Welsh fan“

Tony Black
GELYNCHT
Zsolnay Verlag; 382 Sewiten; 19,90€.



Noir Fragen an Andreas Winterer by Martin Compart
4. Oktober 2011, 7:44 am
Filed under: Andreas Winterer, Fragebogen, Science Fiction | Schlagwörter: ,

Diesmal hat Andreas Winterer den Bünnagelschen Noir-Fragebogen ausgefüllt. Und da bleibt kein Auge trocken. Sein goldiger Humor hat mir schon in SCOTT BRADLEY das Herz erwärmt. Beispiel gefällig?
Aber gern:

„Der Kobalt-Torpedo zischte vorbei, schrammte die Heckflosse und verlor sich dann in der Ferne des Alls (wo er dann Lichtjahre später aus Versehen eine hochstehende und gottesfürchtige Zivilisation auslöschen würde: die Supernova hatte jedoch auch ihr Gutes, da sie auf einer fernen Welt drei Typen aus dem Morgenland den Weg wies, was zahllose weitere Kriege, Folterungen und Steuern nach sich zog, aber das ist eine andere Geschichte).“

Andreas Winterer, ’68 in Köln, freiberuflicher Autor und Journalist im Umfeld Informationstechnologien, Wissenschaft, Kultur. Söldner des Wortes und Ghostwriter für alle, die bezahlen. Coach für Kreativität. Satiriker bei ZYN!. Kolumnist bei evolver.at. Herausgeber des ältesten europäischen digitalen Literaturmagazins Zarathustras miese Kaschemme http://kaschemme.de. Autor anspruchsvoller Lyrik und Prosa (unter unbekannten Pseudonymen). Autor der Sci-Fi-Satire ‚Cosmo Pollite‘ (zweifach nominiert als bester SF-Roman des Jahres 2000). Hauptautor der Military-Sci-Fi-Anthologie ‚Scott Bradley‘ (2011), in deren Mittelpunkt der Weltraum-Haudegen und Space-Söldner Commander Bradley samt eingeschränkter Fähigkeit zu politisch korrektem Verhalten steht. Autor der Sachbücher „Viren, Würmer und Trojaner“ und „Windows 7 Sicherheit“ über den großen Cyberwar und die ganz kleinen alltäglichen Sicherheitsprobleme am PC; Sicherheitsblog auf http://scareware.de.

Berufungen neben dem Schreiben?
Obergescheit daherreden.

Film in Deinem Geburtsjahr?
Leichen pflastern seinen Weg

Was steht im Bücherschrank?
Zu viel Ungelesenes. Noir-mäßig eher Spillane als Hammett.

Was war Deine Noir-Initiation (welcher Film, welches Buch)?
Sidney Toler in „Charly Chan“, falls das als Noir durchgeht.

Welches Noir-Klischee ist Dir das liebste?
Der tragische Schuss am Ende.
(Etwa: „How could you“ „It was easy“ in „I, the Jury“)

Ein paar Film noir-Favoriten?
Blade Runner, Lichter der Vorstadt, Der dünne Mann, Fahr zur Hölle Liebling, Gangster in Key Largo, Sunset Boulevard, Chinatown. Außerdem hege ich eine schuldbewusste, aber tiefe Liebe zur TV-Serie „Mike Hammer- Private Eye“, die allenthalben als schlecht betrachtet wird, die ich aber für genialisch halte.

Und abgesehen von Noirs?
Aktion Mutante, The Long Kiss Goodnight, Dirty Harry, Der eiskalte Engel, Das verlorene Wochenende, Barton Fink, Pi, Videodrome, Perdita Durango. Sowie fast alles mit Aliens, Killerrobotern, Raumschiffen und anderen Dimensionen sowie Banküberfällen, Betrügereien, Piraten, Revolverhelden-Schießereien und knapp bekleideten schönen Frauen. Am besten alles in einem.

Welche Film- oder Romanfigur würdest Du mit eigenen Händen umbringen?
Captain Quinlan in „Touch of evil“

Noir-Fragen – Dein Leben als Film noir

1. Im fiktiven Film noir Deines Lebens – welche Rolle wäre es für Dich?
Ich spiele Piano in einem Nachtclub, in dem sich die Unterwelt die Klinke in die Hand gibt. Ich lasse mich auf einen krummen Deal ein, um endlich aus der ärmlichen Scheiße rauszukommen. Wir wollen das Syndikat abzocken, aber natürlich werden wir alle zu gierig, sind zu dämlich und gehen deswegen drauf. Am Ende krepiert auch die femme fatale, weil sie sich die Kugel einfängt, die eigentlich für mich bestimmt war – ihre erste und einzige selbstlose Tat, aber der Beweis, dass ich doch recht hatte, dass auch in dieser Schlampe ein goldenes Herz schlummerte, dass nur keine Gelegenheit, kein Licht in seiner Nähe hatte, in dem es glänzen könnte. Danach niete ich den Drecksack um, als die Bullen schon groß aufgefahren sind – sie sehen grinsend zu, wie sechs Mal Blei die Staatskosten senkt.
Im Knast spiele ich Piano, für sie. Kameraschwenk aus den Gittern heraus hoch in die Wolken, Abblende.

2. Und der Spitzname dazu?
Bernie „Blue Note“ Niffles

3. Welcher lebende (oder bereits abgetretene) Schriftsteller sollte das Drehbuch dazu schreiben?
Joe R. Lansdale und Barry Gifford

4. Berühmtestes Zitat aus dem Streifen?
Mahoney: „Diese Frau bringt Dir kein Glück!“
Niffles: „Ich will kein Glück, ich will diese Frau.“

5. Schwarzweiß- oder Farbfilm?
Schmutzige Farbe, 70er/80er-TV-Look.

6. Wer liefert den Soundtrack zum Film?
Themen von Earle Harry Hagen, Stimmungen von Bernard Herrmann

7. Welche Femme fatale dürfte Dich in den Untergang führen?
Lauren Bacall und sonst keine.

8. In welchem Fluchtwagen wärst Du unterwegs?
Citroën DS

9. Und mit welcher Bewaffnung?
Colt Detective Special .38

10. Buch für den Knast?
Die Bibel.

11. Und am Ende: Welche Inschrift würde auf dem Grabstein stehen?
Gott hat ihn zu sich genommen. Er wird seine Gründe gehabt haben.

Hier die erste Lesung von Andreas und mir auf unserer Wien-Tour:

Dank an Chris Haderer, der uns auf der ganzen Tour begleitet hat. Während wir vor und nachglühten, durfte er die Technik auf- und ab bauen. So war er leider immer als letzter beim Heurigen.