Martin Compart


BEAR GRYLLS THRILLER-DEBUT by Martin Compart


Der Roman fängt gleich an einem der übelsten Orte des Planeten an: im Black-Beach-Knast in Äquatorialguinea. Dort wird Will Jaeger durch einen Trick seines Maori-Kumpels Raff aus der brutalen Gefangenschaft befreit, muss hilflos Schreckliches mitansehen und bekommt gleich einen neuen Auftrag.

Will Jaeger, Ex-Elitesoldat und Gründer von Enduro Adventures, erhält den Auftrag seines Lebens: Für eine TV-Show soll er mit einer Gruppe von Kandidaten ein mysteriöses Flugzeugwrack aus dem Zweiten Weltkrieg im brasilianischen Dschungel bergen.

Das Geheimnis um das Flugzeug ist in der deutschen Nazigeschichte im zweiten Weltkrieg verankert und findet auf verschlungenen Wegen bis in die Gegenwart.
Doch bei den Vorbereitungen stirbt sein Freund Smithy. Die Polizei wertet den mysteriösen Tod als Unglück. Ein Symbol, das der Tote trägt, lässt Will jedoch Böses erahnen. Denn er hat es schon einmal gesehen: in den Hinterlassenschaften seines Großvaters, des legendären Nazi-Jägers… (eine Hommage von Grylls an seinen eigenen Großvater, Befehlshaber der T-Force).

Edward Michael Grylls, geboren 1974 in Nordirland, ist ein ehemaliger SAS-Soldat und in England und den USA als Abenteurer und Überlebensspezialist eine bekannte Medienfigur. 1998 hatte er mit 23 Jahren als jüngster Bergsteiger den Mount Everest bestiegen.

Seit 2005 dreht er Dokumentationen und TV-Shows (ABENTEUER SURVIVAL, GET OUT ALIVE, STARS AM LIMIT u.a.), die auch auf deutschen Sendern gezeigt werden.

Mit Unterstützung des Journalisten und Thriller-Autors Damien Lewis hat Grylls einen rasanten Action-Thriller vorgelegt, der in seinen besten Momenten mit einem Kaliber wie Andy McNab locker mithält. In physischen Beschreibungen (die Anfangsszene mit dem zerschundenen Helden) erinnert er gar an die Brillanz von Ian Fleming (in DR.NO). Autoren wie Matthew Reilly oder Clive Cussler ist er erzählerisch überlegen – besser gesagt: sind Grylls und Lewis überlegen.

Gut, das Ende ist ein wenig überzogen. Aber das verzeiht man gerne, denn das hohe Erzähltempo, die effektiven Charakterisierungen und die überraschen Wendungen machen die Lektüre zu einem aufregenderen Erlebnis als das Bestarren eines Hollywood-Blockbusters.

Bear Grylls und sein Gr0ßvater, der „Nazi-Hunter“, der den Roman inspirierte.

Man findet auch ein paar Brüche und Ungereimtheiten, aber wie bei einem besseren James Bond-Film werden sie durch das Tempo weggebügelt. Auch McNabs erste Romane hatten noch nicht ihre volle Schubkraft. Ich behalte Grylls jedenfalls auf dem Schirm. Der Mann hat nicht umsonst einen eine Million Pfund Vertrag mit Orion über drei Romane seiner Will Jaeger-Serie abgeschlossen. Aber der britische Thriller-Markt setzt in seinem Segment auch jährlich an die 100 Millionen Pfund um (SF- und Fantasy 34 Mio., Romance 20 Mio und historische Romane 18,5 Mio; Stand von 2013).

Für die Qualitäts-Wachtmeister der Krimi-Szene ist der „Action-Thriller“ und noch schlimmer: der „Commando-Thriller“ (in dessen Tradition Grylls steht) ja was ganz übles, dass die Lesekultur gefährdet.

Dabei übersehen sie natürlich, dass der „Action-Thriller“ eine beeindruckende Tradition vorzuweisen hat. Angefangen bei Robert Louis Stevensons KIDNAPPED über John Buchans wahnwitzige Jagd- und Fluchtgeschichten, THE 39 STEPS oder GREENMANTLE, Geoffrey Household bis hin zu Ian Fleming, Duncan Kyle oder Alister MacLean und Adam Hall.

In den 1970er- und 1980er Jahren wurde das Genre von amerikanischen Paperback-Original- Serien wie PHOENIX TEAM dominiert, deren Weltbild bestenfalls als schlicht bis dümmlich zu bezeichnen ist. Autoren wie Chris Ryan oder Andy McNabb haben das Genre seit den 1990er Jahren wiederbelebt. Und es ist immer wieder beeindruckend, mit welchen literarischen Fähigkeiten gute Autoren wie Grylls (und Lewis) die Leser durch die Seiten peitschen.

Wer in vier bis fünf Stunden ein paar Pfund Körpergewicht verlieren will, schwindelfrei ist und gute Nerven hat, wird mit GHOST FLIGHT ein schweißtreibendes Vergnügen genießen.
Außerdem bekommt man noch Survival-Tipps, die einem eventuell das Leben retten, wenn man mal wieder im Stadtpark verloren geht.

P.S.: Die Übersetzung – und das ist ja nicht so einfach wenn es um Tempo in der deutschen Interpretation geht – hält die Geschwindigkeit locker mit.

Bear Grylls
Ghost Flight – Jagd durch den Dschungel

Aus dem Englischen von Marco Mewes
HarperCollins, 2018
ISBN: 9783959677547
€ 10,99



STRIKE BACK – DIE LETZTE SEASON by Martin Compart
5. Juli 2015, 3:03 pm
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Am 31. Juli beginnt Sky 1 mit der Ausstrahlung der fünften und letzten (Schluchz!) Season der bisher besten Action-Serie der Fernsehgeschichte. Deutschlands Action-Serie (gibt es außer ihr noch eine?) COBRA 11 wirkt dagegen wie das, was es ist: ein kleiner Werbeclip für Abwrackprämien.

Schade, wenn dies wirklich das Ende der Serie ist. In einer sechsten Staffel könnten sie beispielsweise die Geiselnahme Europas durch Brüsseler Bürokraten und nordeuropäische Regierungen beenden. Oder die Terrororganisation IWF zertrümmern („Tut uns leid, Lagarde, aber wir nehmen keine Gefangene.“)…



(GOOD)NEWS: SIE MACHEN WIEDER KLEINHOLZ! by Martin Compart
23. Dezember 2014, 1:56 pm
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…und ein gutes neues Jahr! by Martin Compart
30. Dezember 2012, 11:42 am
Filed under: STRIKE BACK

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noch 7x freitags um 22.00 Uhr auf Fox.



STRIKE BACK IS BACK: Strike Back III: VENEGEANCE by Martin Compart
1. Dezember 2012, 5:36 pm
Filed under: Afrika, Andy McNab, Spythriller, STRIKE BACK, TV-Serien | Schlagwörter: , , ,

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Natürlich ist STRIKE BACK nicht SPOOKS. Aber es ist mit Abstand die beste und zynischste Action-Serie, die man momentan sehen kann. Sie half mir über das Ende von SPOOKS hinweg, dass ich bis heute nicht wirklich verschmerzt habe („Komm zurück, Harry, und zeige uns, wie MI5 weiterhin für die Demokratie eintritt und die Neo-Cons bekämpft!“). Aber STRIKE BACK spendete Trost. Und nun endlich gibt es die dritte Staffel – und die vierte ist in Vorproduktion. Kein Action- oder Thriller-Fan sollte sie sich entgehen lassen. Und man muss seinen Fernsehsessel mit Haltegurten ausstatten. Diese Briten wissen, wie man einen Adrenalincocktail zusammenschraubt!Strike Back

Die beiden ersten Staffeln sind bei uns auf DVD erhältlich, die dritte läuft am 14.Dezember 2012 auf FOX an, so angekündigt: „Damien Scott (Sullivan Stapleton), Agent des auf hochriskante Einsätze hinter den feindlichen Linien spezialisierten „Section 20“-Teams des MI6, gerät bei einer versuchten Geiselbefreiung in Nairobi in Gefangenschaft. Michael Stonebridge (Philip Winchester), mittlerweile zum Ausbilder neuer „Section 20“-Rekruten befördert, kehrt in den aktiven Dienst zurück, um Scott und die übrigen Geiseln aus der Gewalt des somalischen Warlords Huseyin Waabri (Anthony Oseyemi) zu befreien. Vor Ort stellt sich heraus, dass der Fall größere Dimensionen hat, als zunächst angenommen, denn Waabri ist in einen Deal mit nuklearen Bombenzündern verwickelt. Die Verbreitung von Atomwaffen könnte die gesamte Region destabilisieren – doch um herauszufinden, wer im Hintergrund die Fäden zieht, müssen sich Stonebridge und Scott mit gut organisierten Söldnern und sogar mit einem Killerteam des Mossad anlegen…
In der neuen Staffel bleibt sich „Strike Back“ treu: Geprägt ist die Serie von harter Action, exotischen Orten weit weg vom optischen Einerlei üblicher Hollywood-Produktionen – gedreht wurde u.a. in Südafrika – und einer wendungsreichen Handlung, die den Zuschauer zu jedem Zeitpunkt in Atem hält. Neu mit dabei ist Rhona Mitra („Underworld – Aufstand der Lykaner“) in der Rolle der neuen „Section 20“-Chefin Rachel Dalton.“

Die erste Staffel mit Richard Armitage als John Porter, die Chris Ryans Romanvorlage weitgehend folgte, war eher eine sechsteilige Miniserie. Überaus sehenswert, aber erst mit neuem Konzept und Hauptfiguren der 2.Season lief die Serie zu Hochform auf. In PROJECT DAWN, der zweiten Staffel, ist Section 20, eine militärische Abteilung des MI 6, auf der Jagd nach dem Terroristen Latif, der Armitage auf dem Gewissen hat Unter dem Kommando von Colonel Eleanor Grant (Amanda Mealing) agieren als Hauptfiguren der Ex-SASler Stonebridge (Philip Winchester) und der ehemalige Delta Force Scott (Sullivan Stapleton). Ihre pragmatische Prämisse könnte lauten: Wir agieren so, dass die Ereignisse, gegen die wir nichts wirklich bewirken können, auch gegen uns nichts bewirken. Die Patt-Situation als Sieg im andauernden Kampf für das Überleben des Systems. Auch eine Art Euro-Rettungsschirm…

Die Handlung führte von Indien über Südafrika und dem Sudan bis zum Balkan. Und zwar so politisch unkorrekt, dass es eine Freude ist. Keine andere TV-Serie hatte wüstere Sex-Szenen jenseits der Pornographie und einen höheren Bodycount. Der „Guardian nannte sie „Naked 24“. Die meisten Sexszenen hat Stapleton und man nimmt seiner Figur Scott ab, dass die dauernde Todesnähe sie sexuell extrem aktiviert. Unter seiner happy-go-lucky-Fassade lauert die Düsternis und Verzweiflung des byronschen Helden.iiSullivanStapleton_StrikeBack_s1e04_20110909_001
Die Gewalt ist graphischer, unangenehmer und realistischer als in anderen TV-Serien. Sie ist eher verstörend als voyeuristisch. Umso erstaunlicher, dass auch der Humor nicht zu kurz kommt und im Gesamtkonzept funktioniert. Allerdings ist es meist ein böser, zynischer Humor. Ein Beispiel:

Eine ältere Dame, echter Gutmensch, nach schrecklichen Erlebnissen im Kosovo: „Ich bin doch hierher gekommen, um den Menschen zu helfen!“
Stonebridge: „Beim nächsten Mal.“

Die Action hat Kinoqualität und ist großartig inszeniert. Im Vergleich mit STRIKE BACK wirkt das deutsche TV-Action-Flaggschiff COBRA 11 wie eine Mofa gegenüber einem Boliden. Besser man schnallt sich vor dem Fernseher an. Und was den politischen Zynismus angeht, kann in Deutschland sowieso alles einpacken. In Dänemark, England, Frankreich, Italien oder den USA wagt man eben auch mutige und originelle Konzepte, in Deutschland bleibt alles nur aufgeblasener Biedermeier. Selbst gelegentliche Unglaubwürdigkeiten nimmt man STRIKE BACK nicht übel, weil die Serie in sich ein absolut geschlossener, charismatischer Kosmos ist, den deutsche Macher einfach nicht hinkriegen. Und dabei ist sie auch noch geopolitisch analytisch und aktuell. Andrew Anthony schrieb im „Guardian“: „No scene lasted more than about 25 seconds in the first two episodes and no element of plot information was left unspoken. The dialogue is close to pure exposition, with an occasional clunkily macho line thrown in as a concession to dramatic atmosphere. Show, don’t tell, say the screenwriting gurus. This was show and tell.”

Die Serie schafft es in ihren Doppelfolgen, die einer übergeordneten Arc-Strategie anhängen, die aktuelle Krisenherde den interessierten Parteien zuzuordnen. Dabei kommen die beiden schießwütigen Protagonisten dann auch noch sympathisch rüber („they are mean, brutal and deadly – and they are the good guys“). Beide haben Semtex in ihrer DNA.

Strike-Back-Philip-Winchester-Sullivan-Stapleton-Episode-19-532x354Vor den Dreharbeiten in Südafrika mussten die Hauptdarsteller in ein Bootcamp und anschließend ein militärisches Training durchlaufen, das von SAS- und SBS-Männern geleitet wurde. Man merkt es ihnen an: Jede Bewegung sitzt und keiner würde sich versehentlich in den Fuß schießen. Winchester erinnert sich: „Sully and I would meet every morning at 6am. We would run to a chosen location and on the way we had to memorise street names and directions and then our trainers would say ‚that car that you just passed what was the licence plate number?‘ Our trainers were ex-SAS guys who made us study everything in detail, for example, we learnt step by step how to enter a room in twos, then alone. At the same time, we had to be constantly aware of where our weapon was trained.
The physical trainers also had to ensure that not only do the actors look like soldiers before filming, but they had to remain that way throughout the shoot. In addition, Stapleton and Winchester had to lose and gain weight, respectively. Winchester had to be on a diet of 4,000 calories a day, which included taking protein shakes between meals. The actor described the diet as „a workout in itself,“ having found it „exhausting“ eating more food than he was used to. In total, training took approximately one month.

Beeindruckend ist, wie gut die Serie atmosphärisch die jeweiligen Handlungsorte einfängt. Ob Sudan oder Kosovo (in der 2.Season), die geopolitischen Probleme werden aufgezeigt und in die Story einbezogen. Jedes 3.Welt-Land mit eigenen Konturen der Hoffnungslosigkeit. Und das trotz der begrenzten Drehorte! Meistens Südafrika oder Ungarn. Ähnlich gut gelingt es den Autoren Empathie für jede Nebenfigur aufzubauen. Und selbst die übelsten Bösewichter sind keine Schablonen aus dem TATORT.

article-1316200-0B5629C3000005DC-365_306x423 Ganz am Anfang stand der Roman STRIKE BACK von Chris Ryan, der zusammen mit Andy McNab, ebenfalls ehemals Special Force, den Agenten-Thriller neu belebte und die so etwas wie ein Subgenre entwickelten: den „Commando Thriller“. Beide Autoren werden nicht müde darauf hinzuweisen, wie sehr sie und ihre Kameraden von den Politikern verarscht und verheizt wurden. Echte Conspiracy-Freaks die tatsächlich glauben, die Regierungen dienen nur den wirtschaftlichen Interessen einer kleinen Schicht und nicht dem Wohle des Volkes. Sie behaupten allen Ernstes, der Irak hätte nicht über Massenvernichtungswaffen verfügt und man sei durch Lügen und Manipulationen in den Krieg gehetzt worden!
Produzent Andy Harris entdeckte Ryans Roman am Flughafen und überzeugte Elaine Pyke von British Sky Broadcasting zu einer Miniserie. 2010 kam es für die zweite Staffel zu einer Zusammenarbeit mit der HBO-Tochter Cincmax.
Der einzige amerikanische Autor der Serie war Frank Spotzitz, (vier Folgen von Season2) der sich als Schreiber für AKTE X einen Namen gemacht hat. Die meisten Folgen der dritten Season schrieb Tony Saint, der auch –wie Richard Zajdlic – bei der zweiten Season dabei war.
Ohne zuviel zu verraten: Der Erzschurke in STRIKE BACK III:VENEGEANCE gehört zu den am besten und originellsten des gesamten Thriller-Genres, die Bond-Bösewichter inklusive.