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A View To A Kill
von MiC
Eastwood ist ein perfekter Handwerker, sein überlanges Werk ist absolut ökonomisch und filmisch perfekt erzählt. Die Probleme das Sujet und der Protagonist: Krieg und Soldat. Eastwood erzählt vielschichtig und komplex und Bradley Cooper ist durchaus nuanciert, im Rahmen seiner darstellerischen Beschränktheit, so kommt der Film an der Oberfläche ganz anders daher, nämlich facettenreicher und scheinbar widersprüchlicher, als er in Wirklichkeit ist. Denn wie bei allen Eastwood-Filmen, ist die ganze Erzählform knallhartes kommerzielles Kalkül, dem sich alles unterordnet. Wahrheit und damit auch versteckte Kritik, die man durchaus sehen kann, ja sehen soll, sie erscheint nur dort, wo sie dramaturgisch nicht stört, mehr noch, wo sie der Illusion dient.
Das Rückgrat der Story bildet der Kampf Mann gegen Mann: Sniper-Hero Chris Kyle gegen den syrischen Olympiasieger und Sniper-Hero auf Seiten der Insurgents/Al Quaida. Das ist nicht neu, das ist klassischer Western, und gab es im Kriegsfilm bei Enemy at the Gates. Die Heldengeschichte endet natürlich nicht dort, sondern bleibt dem wirklichen Ende des Protagonisten treu, sogar ein Abgang mit Originalaufnahmen Chris Kyles letzter Reise, oder zumindest sehr dokumentarisch dem Original nachempfunden, geben dem Zuschauer noch einmal, wenn auch ‘restrained’, wie alles in diesem Film, einen ordentlichen Schuss aus der Pathosspritze.
Restrained, kontrolliert, dosiert, das ist die wahre Größe der Eastwood-Regie. Der Mann hat alles unter Kontrolle. Er ist der Master seines Universum. American Sniper ist ein Film der stellenweise Videospiel-Ästhetik hat und Combat-Thrill nachempfindet, was im Kino beeindruckend rüberkommt. Nur ist das alles nicht die Geschichte. Die wahre Geschichte geschieht zwischen den Bildern und man muss sie sich zusammenreimen. Denn niemals wird die Frage nach der Berechtigung, dem Sinn, der Notwendigkeit des Krieges ernsthaft erhoben – und zweifelt einmal ein Soldat am Sinn seines Einsatz, dann stirbt er auch gleich darauf. Weil‘s tragisch ist und dem Helden einen Freund nimmt. Der böse Krieg nimmt dem Helden ständig Freunde und er leidet darunter, sie nicht alle retten zu können. Frage am Rande: tötet zweifeln? Nachdenkenswert. Dass sich diese Frage für Eastwood nicht stellt, ist sogar in Ordnung, weil ich glaube, dass diese Frage in dem Umfeld seiner Charaktere auch niemand stellt. Sie reflektieren ihre Umwelt nicht, sondern hadern mit sich selbst und ihrem Los. Damit ist der Regisseur wahrhaftig weil echt. Nur liegt er völlig falsch. Die ganze Prämisse dieses Filmes ist falsch.
Diesen Film so zu erzählen, heißt die wahre Tragödie zu verdrängen: Wer die Frage nach dem Warum des Krieges nicht grundsätzlich stellt, ist letztlich ein Kriegspropagandist. Das gilt auch für Eastwood. „Ein Mann tut, was ein Mann tun muss,” die dumme Westernplattitüde heißt hier „Gott, Vaterland, Familie”. Der Slogan, vom Helden ausgesprochen, gilt über seinen Tod hinaus. Und die Tragik des Helden ist, dass er ausgerechnet von einem Veteranen getötet wird – damit das auch schön ominös daher kommt, muss Sienna Miller, Gattin des Helden, auch misstrauisch schauen. Und natürlich sieht der spätere Mörder gestört und irgendwie verschlagen aus. Beim zweiten Blick auf den Film springen übrigens all die Klischees ins Auge, die Eastwood reitet. Die gelernten Einstellungen, die ewig gleichen Bilder, wie aus einem Rekrutierungsvideo der Marines, die pathetisch bis zur Unerträglichkeit daher kommen, wobei der Regisseur versteht, sie nicht völlig aufzupumpen wie man bei peinlichen Regiefummlern, von Michael Bay bis Ridley Scott, immer wieder sehen kann, sondern seine vorgenannte Kontrolle über das Material demonstriert.
Fazit: American Sniper ist handwerklich perfekt fabrizierte Propaganda – schon der Titel verweist auf Patriotismus – die bei allen persönlichen Opfern des Helden, und brachten Helden nicht schon in der Antike persönliche Opfer?, welche von der Gesellschaft nicht ignoriert werden können und daher sublimiert werden müssen, nur scheinbar schonungslos und ehrlich ist. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist ein völlig absurder Film, ungewollt komisch, stellenweise geradezu lachhaft. Übrigens, inmitten patriotisch gesinnter US-Kinogänger an den falschen Stellen zu lachen, zieht nicht nur von den NRA-Anhängern böse Blicke auf sich. Chris Kyle ist dummer Protagonist, dessen ungebildete Blödheit von den Mächtigen gerne benutzt und ausgenutzt wird. Er ist kein Held, er ist ein nützlicher Idiot. Von ihm bleiben seine über 160 ‚registered kills’, die ihn zu The Legend machen, zu einem Vorbild für Heerscharen nützlicher Idioten nach ihm.
Warum schreibe ich das alles, wenn American Sniper ein so elendes Machwerk ist? Weil es ein ziemlich perfektes, elendes Machwerk ist. Eastwood ist ein absoluter Könner und das verdient Respekt. Beim Betrachten dieses Films ist mir allerdings klar geworden, Eastwood ist nicht Hamlet, er war niemals Hamlet. Eastwood hat mit Shakespearschen Helden absolut nichts gemein. Eastwood hat keine Selbstzweifel, er zaudert nicht, er ist nicht tragisch oder absurd oder albern, selbst wenn er sich gelegentlich so inszeniert und dafür von der verblödeten Filmkritik Beifall bekommt. Clint Eastwood war und ist Zeus und Hollywood ist sein Olymp.
-MiC