Martin Compart


Alles Gute für 2022 by Martin Compart
31. Dezember 2021, 9:26 pm
Filed under: Allgemein

… wünsche ich Euch allen da draußen – außer den Bankern, die garantiert aus der Corona-Krise so viel Honig gesaugt haben, um aus 2022 ein weiteres 2008 zu machen. Politik? „Politik ist nur der Spielraum, den die (kapitalistische) Wirtschaft ihr lässt.“

Auch einen Gruß an den Mossad (meinen Lieblingsgeheimdienst, weil am effektivsten), die Kurden (ewig verraten und immer bewundernswert hoffnungsvoll).

Passt auf Euch auf, konsumiert nicht zu viel Scheiße – ich werde es auch versuchen.

P.S.:

Für Karibik-Horst – wo immer Du bist:



KINO, WIE ES KEINER MAG by Martin Compart
29. Dezember 2021, 10:44 am
Filed under: Film | Schlagwörter: ,

Er wirkt wie ein liberaler Evangelist, aber er sagt treffende und kluge Analysen.



TOM CLANCY GNADENLOS GEGEN DEN STRICH GEBÜRSTET by Martin Compart

Als russische Soldaten seine Familie als Vergeltung für seine Beteiligung an einer streng geheimen Operation der Navy SEALs töten, verfolgt Sr. Chief John Kelly die Mörder. Er tut sich mit seiner Kollegin Karen Greer und dem CIA-Agenten Robert Ritter zusammen. Hierbei kommt er unbeabsichtigt hinter das Geheimnis einer Verschwörung, die versucht, die USA und Russland in einen Krieg zu verwickeln. Kelly ist zwischen dem Pflichtgefühl, seine Familie zu rächen, und der Loyalität gegenüber seinem Land hin und her gerissen.

Der Film GNADENLOS (WITHOUT REMORSE) basiert auf Clancys Roman von 1993 WITHOUT REMORSE, der den Vietnamkrieg als Hintergrund hat und John Clark als spin-off in das Jack Ryan-Universum einführt. Das zehn Jahre alte Drehbuch war von Shawn Ryan (THE SHIELD) geschrieben worden und wurde von Taylor Sheridan (WIND RIVER, YELLOWSTONE) überarbeitet.

Tom Clancy hätte wahrscheinlich einen Infarkt bekommen, hätte er diese düstere Interpretation seines Werkes noch erlebt! Denn vom Superpatriotismus seiner Bücher – Trump wäre sicherlich Clancy-Fan, wären die Romane nicht zu anspruchsvoll für ihn – bleibt in diesem düsteren Film nicht viel übrig.

Ich lasse mich sogar zu der kühnen Bemerkung hinreißen: Clancy goes noir!

Der Film kommentiert die zunehmende Spannungserhitzung der USA/des Westens und Russlands. Um die innerlich gespaltenen US-Staaten wieder zu einen, bedarf es wieder eines großen, mächtigen Feindes, denn „nicht die Militärs haben den 2. Weltkrieg oder den kalten Krieg gewonnen, sondern die Ökonomen. Der beste Feind, den wir je hatten, war die Sowjetunion. Mehr Panzer, mehr Waffen – das hat die Ökonomie stark gemacht und uns wohlhabend“, so Guy Pearce als Secretary Clay.

Dafür müssen dann auch eigene Delta Force-Soldaten, CIA-Agenten und ihre Angehörigen über die Klinge springen. Denn im Film provozieren die Mächtigen der USA nicht mit der Einkreisungspolitik der NATO die Russen, sondern durch getürkte Kommando-Unternehmen, die in beiden Ländern breite Blutspuren hinterlassen.

Atemberaubend glaubwürdig gefilmt durch Regisseur Stefano Sollima (GOMORRAH) sind besonders die unrealistischen Action-Szenen (die den Großteil des Films einnehmen). Seine bösartige Adaption zeigt beeindruckend den aktuellen zivilisatorischen Zustand der kapitalistischen Machteliten.

Gut, das es noch Filme, Romane oder TV-Serien gibt, die nicht behaupten, was Amerika sein könnte, sondern was es ist.



EIN ROTHAARIGER CHE GUEVARA – SIMON VOM FLUSS by Martin Compart

In den frühen 70er Jahren erschien SIMON VOM FLUSS in der Wochenzeitung „Tintin“. Sein Schöpfer, Claude Auclair (1943-90), stand kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag und war noch nicht lange als Comiczeichner tätig. Nichtsdestotrotz entflammte sein Werk DIE BALLADE DES ROTSCHOPFS und dessen literarischer Ausdruck, in dem Auclairs Bewunderung für Jean Giono und dessen LIED DER WELT anklang, schon von Anfang an eine leidenschaftliche Debatte unter den Lesern der Zeitung.
„Als ich die BALLADE DES ROTSCHOPFS zu zeichnen begann, wollte ich Giono meine Anerkennung zollen und dem Geist seines Romans nachspüren, in dem ich mich so sehr wiedergefunden hatte. Ein anonymes Schreiben an den Verlag bezichtigte mich des Plagiats. Ich musste mich an Gionos Verlag Gallimard wenden. Die Antwort war: Ich hätte achttausend Francs für die Rechte zu zahlen und durfte meine Geschichte nicht nach der Erstveröffentlichung nachdrucken.“

Bald folgten CLAN DER ZENTAUREN und DIE SKLAVEN – mit ihnen ein düsterer Ausblick auf die Zukunft und Chroniken der kommenden Zeiten. Eine Comicklassiker, der entschieden ernst und eindringlich von einer postapokalyptischen Welt berichtet, die sich aus den Ruinen einer atomaren Katastrophe erheben muss.

Dieser umfangreiche Sammelband enthält die Alben DIE BALLADE DES ROTSCHOPFS (als deutsche Erstveröffentlichung), DER CLAN DER ZENTAUREN, DIE SKLAVEN sowie ein unveröffentlichtes 36-seitiges Dossier von Patrick Gaumer und ein neues Vorwort von Andreas C. Knigge.

Nach der neunbändigen Ausgabe durch den Carlsen-Verlag in den 1980ern ist dies der erste Band einer kompletten Serienedition in drei Bänden, prachtvoll gestaltet mit Hintergrundsmaterial als großformatiges Hardcover.

SIMON VOM FLUSS 1
GESAMTAUSGABE
von
Claude Auclair

Cross Cult

ISBN: 978-3-96658-532-3
35,00 €
Erscheinungsdatum: 22.11.2021
Sonderformat, HC, 4c, 186 Seiten

Als SIMON VOM FLUSS 1973 erstmals in „Tintin“ auftauchte, war das eine Sensation. DIE BALLADE DES ROTSCHOPFS hätte man eher in „Pilote“ erwartet oder in „Metal Hurlant“ (das aber erst ab 1975 erscheinen würde).
Zeichner und Texter Auclair legte die ersten Grundlagen für einen dystopischen SF-Comic, der zum Klassiker wurde und zu den besten gehört.

Die beiden großen Magazine „Tintin“ und „Spirou“ steckten bereits in den 1960 Jahren in einer Krise und versuchten neue Wege zu gehen, ohne die etablierten Konzepte ganz aufzugeben. Andreas C. Knigge beleuchtet die Situation in seinem Vorwort.

SIMON wurde der bisher radikalste Comic in Folge der 1968er Revolte in einem „Jugendmagazin“ der 9.Kunst.
Auclairs Comic ist voller Anspielungen auf die damalige Zeit des Aufbruchs und seine politische Haltung radikal links:
„Für mich ist Gewalt die logische Reaktion auf Unterdrückung. Sie entsteht durch eine ihr vorhergehende Gewalt, der sich nun mal nichts anderes entgegnen lässt. Obwohl das zutiefst bedauerlich ist, vermag ich doch nicht zu erkennen, dass Gewaltlosigkeit die Lösung ist. In SIMON wollte ich diese Gewaltspirale aufzeigen, indem ich sie so ungeschönt und realistisch wie möglich zeige.“

Seine Action-Szenen scheinen mir stark vom Italo-Western beeinflusst.

Im Eingeständnis der Verzweiflung über die gescheiterte Revolution sucht Auclair stilistisch und inhaltlich neue Wege zu gehen – wie es sein Landsmann Manchette zeitgleich für den Noir-Roman tat.

Für mich eine der besten und wichtigsten Neuerscheinungen der letzten Jahre. Beklemmend aktuell. „SIMON VOM FLUSS ist seiner Zeit in vielerlei Hinsicht voraus. Das reicht von den starken autonomen Frauenfiguren… bis hin zur Unterschiedlichkeit der Protagonisten durch Hautfarbe oder individuelle Lebensform: Fast scheint es, als seien die heutigen Debatten um Identität und Diversität schon längst geführt.“ (Andreas C. Knigge in seinem Vorwort)

Weihnachtsgefühle werden bei der Lektüre allerdings nicht aufkommen.

http://www.claude_auclair.hjschumacher.nl



Liebe Nicht-Impfer… by Martin Compart