DARKNESS-WETTLAUF MIT DER ZEIT
Von Douglas Prestonn & Lincoln Child
(Lübbe Audio, 6 CDs) ca. 10,99 Euro
Es gibt Autoren, die mag ich einfach nicht lesen, höre sie aber sehr gerne. Preston & Child sind ein Beispiel dafür. Als dicke Romane kann ich nichts mit ihnen anfangen: zu redundant, zu kalkuliert, stilistisch uninteressant, zu oft geradezu idiotische Plots. Eben zu trivial für den Seitenumfang, zu langweilig. Ihr Special Agent Pendergast ist meistens eine echte Nervensäge in seiner Mischung aus Holmes, Alan Quartermain und Professor Challenger (die Widergeburt des Wissenschaftsdetektiv mit einer gehörigen Prise Superagent).
Auf der anderen Seite spricht für die höchst erfolgreichen Thriller, wie gnadenlos sie populärkulturelle Topoi plündern (angefangen bei Sherlock Holmes und Rider Haggard) und wie sie das, häufig angereichert mit wissenschaftlichen Kenntnissen, durch den Fleischwolf drehen. Dann kommt in ihren besten Momenten eine spannende und originelle (Hör)Lektüre heraus. Preston & Child sind Meister der Cliffhanger-Serials und die Romane tolle Vorlagen für Hollywoods verkommenes Popcorn-Kino. Echte Pulppageturner.
Als Hörbücher für Autofahrten mag ich sie sehr. Da haben sie mir über so manchen Stau geholfen. Sie verlangen nicht zuviel Konzentration, packen einen aber hart genug um unbemerkte Kilometer zu fressen.
Ich kenne nicht alle Abenteuer, aber viele. Und eines ihrer Highlights ist für mich DARKNESS!
Eine geradezu aberwitzige (und originelle) Mischung aus Esoterik- und Techno-Thriller. Es beginnt damit, dass Pendergast und sein Mündel in einem tibetanischen Kloster Seelenfrieden suchen. Dann bittet sie der oberste Lama, etwas zurück zu bringen, dass dem Kloster gestohlen wurde und das Böse endgültig über die Welt bringen wird, da es Empathie vernichtet und den Egoismus bis zur Selbstzerstörung potenziert. Nein, keine Aktien oder Schäubles Mafia-Abkommen über Steuerhinterziehung mit der Schweiz. By the way: Schäuble wäre ein guter Bond-Schurke: Von Grund auf verbittert, dem das „Böse“ im Gesicht geschrieben steht. Als „diabolischer Rollstuhlfahrer“ wäre er auch was für Marvel.
Der Hauptteil spielt auf dem größten Luxusliner der Welt, der natürlich in allerschlimmste Situationen gerät. Was Preston & Child da an Faktenwissen in den Plot integrieren, ist höchste Kunst und erinnert an Forsyths Tankerpassagen aus DEVIL´S ALTERNATIVE. Nett sind auch die Beobachtungen, in denen sie das Luxusleben auf den Decks gegen die Sklavenexistenz der Ausgebeuteten unter Deck beschreiben. Diese Katakomben der Unmenschlichkeit erscheinen genauso realistisch wie gruselig. Auch wenn das Ende nicht für jeden befriedigend ist, bleibt es im Rahmen der okkulten Prämisse schlüssig. Kein anderer Roman der Serie hat dieses Niveau bisher erreicht – auch nicht die gern gelobte Diogenes-Trilogie (von Schrott wie RITUAL, MANIAC oder FEVER ganz zu schweigen).
Dass Detlef Bierstedts Vortrag dem von ihm gewohnt hohem Niveau entspricht und die Spannung voran treibt, muss nicht mehr erwähnt werden. Kai Lüftners sorgfältige Bearbeitung erspart die schlimmsten retardierenden Momente – so mein Eindruck.
Wer DARKNESS im Urlaub am Strand hört, vergisst ins Wasser zu gehen (oder wird das feuchte Nass gar ängstlich meiden). Vorher jedenfalls gut eincremen; die Zeit fliegt!
Ich bin froh, diesen Blockbuster gehört zu haben!