Martin Compart


NEWS: STONES DROHEN BUNKER-BOY MIT KLAGE by Martin Compart
28. Juni 2020, 9:01 am
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https://www.bbc.com/news/world-us-canada-53208593

 

 

 

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TÖNNies, DU WARST SCHON VOR CORONA ENTTARNT by Martin Compart

Kann Literatur gesellschaftliche Entwicklungen antizipieren? „Gähn“, sagt zu Recht der SF-, Noir- oder ZERBERUS-Fan. Aber Bücher (nicht Literaturen), die dies außerhalb der Lobby für gestrige Anwesenheitsprosa (dazu zählen neben den staubigen Feuilletons der vorzeitlichen Printmedien genauso Blogs, die deren bourgeoise Weltsicht in den Cyberspace entleeren), finden kaum zeitgleiche Aufmerksamkeit.

 

DIE CORONA-KADAVER

Es könnte eben nicht überall passieren . . .

Der Covid-19-Virus tobt sich bevorzugt in den Schlachtfabriken der Fleischindustrie aus und bringt so die seit über zwei Jahrzehnten konsequent verschwiegenen unerträglichen Zustände ins öffentliche Bewusstsein. Der Grund für den hysterischen Alarm der Behörden ist offenkundig: der Virus ist ansteckend, seine Ausbreitung schlecht für die Erfolgspropaganda der Krisenmanager.

Um die ursächlichen Bedingungen scheren sich die politisch Verantwortlichen offenbar nicht. Ich verweise hier nur auf die vollmundigen Ankündigungen von einer der größten Polit-Lachnummern überhaupt, Ex-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der 2016, angesichts der Zustände in der Fleischproduktion, Worte wie „beschämend“ absonderte, um außer einer Vorortbegehung und ein paar lauwarmen Presseerklärungen nichts zu tun.

Dass die Politik die Fleischindustrie und ihre Bosse schützt, wird spätestens dann dem letzen Hirni klar, wenn Ministerpräsident Laschet die neuen örtlichen Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung mit den Worten relativiert, „es könne überall passieren“. Denn natürlich ignoriert er geflissentlich die katastrophalen betrieblichen, sozialen und finanziellen Bedingungen, unter denen die Leiharbeiter – falsch, die Lohnsklaven – Billigfleisch für Supermarktketten und Wursthersteller produzieren müssen. Die überwiegend bei Subunternehmern beschäftigten Stecher, Zerleger und Verpacker sind nichts anderes als ausgebeutetes Arbeitsvieh, an denen sich diese Industrie und ihre Bosse mit unser aller schweigenden Zustimmung schamlos bereichern.

Aber diese Haltung hat bei dem wirtschaftsdevoten Herrn Ministerpräsident Tradition. Wir erinnern uns an sein Verhalten im Fall Hambacher Forst, wo er mit schnellem Abholzen Fakten im Sinne von Rheinbraun schaffen wollte, bevor das Gericht in Münster eine Entscheidung treffen konnte, oder an seine vor gespielter Empörung nur so strotzende Hetzrede gegen den „staatszersetzenden“ gemeinnützigen Verein Attack! auf einem der letzten CDU-Parteitage.

Die Gründe für die schnelle Ausbreitung des Covid-19-Virus in den Betrieben sind strukturell und systemisch, Lockdown und Selbstisolation dämmen vielleicht die Ansteckungsrate ein, ändern aber nichts an den Missständen, die nur aus einem Grund aufrecht erhalten werden: wegen des Profits.

LINK:

KÖNIG DER KADAVER

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Sigmar Gabriel beim Friseur, oder?

Wie heißt es so schön seit der Einführung der „repräsentativen Demokratie“?

Die dümmsten Kälber wählen sich ihre Henker selber.



Nur Roboter brauchen keine Schutzmasken! von Dr.Horror by Martin Compart

Was für eine Zeit für Science-Fiction-Autoren!

Man kann die Zukunft mit Händen greifen. Die aktuelle Pandemie beschleunigt letztlich die Zeitenwende.

Aber wo sind diese Autoren in Deutschland?

Wo sind Schriftsteller wie George Orwell, der Neusprech beschrieben hat, wohinter wir heute mit Leichtigkeit die Computersprache der neuen digitalen „Übermenschen“ (frei nach Nietzsche) erkennen: komplett mit USB-Sticks, Android-App, WhatsApp, Clouds, ALGOL, BASIC, Backup, Base Memory, Excel, Scan und Drive, influencing und monitoring (Überwachung, aha!), Slash. Für sie, die diese Sprache sprechen, existiert kein Problem, alles wird zur Challenge und ist sofort online. Wenn die Digitalen die neuen „Übermenschen“ sind, was lässt sich dann über die Analogen sagen?

Stanisław Lem sah Nanotechnologie, künstliche Intelligenz und Virtuelle Realität voraus, die er Phantomatik nannte: künstlich und medial erzeugte Bewusstseinstäuschung. Während Wernher von Braun (I Aim at the Stars – but sometimes I hit London) in Peenemünde an Hitlers sogenannten Vergeltungswaffen arbeiteten, kämpfte der in Lemberg (Lwów) geborene Lem im besetzten Polen um sein Leben. Der Medizinstudent verschleierte mit gefälschten Papieren seine jüdische Herkunft und überlebte, im Gegensatz zu Familie und Verwandten, den Holocaust. In seinen utopischen Büchern finden sich die Spuren einer traumatischen Vergangenheit als Holocaust-Überlebender.

Daniel Francis Galouye, der in seinem Roman Simulacron-3 (im deutschen Fernsehen bekannt als Fassbinders Welt am Draht) das Höhlengleichnis Platons weiterspann und schon 1964 eine virtuelle Parallelgesellschaft erfand, die nichts von ihrer Scheinhaftigkeit ahnt. Eine schöne neue Welt – wie Aldous Huxley sie nannte.

Philip K. Dick, Paranoiker und Visionär: „Ich habe mal eine Geschichte geschrieben, in der es um einen Mann geht, der einen Unfall hat und ins Krankenhaus gebracht wird. Als er auf dem Operationstisch liegt, zeigt sich, dass er kein Mensch, sondern ein Android ist, was er selbst aber nicht weiß. Man muss ihm die Neuigkeit schonend beibringen.

Der Bedeutendste unter diesen aber ist der vergessene, verdrängte Tscheche Karel Čapek, denn ohne sein 1920 erschienenes Drama R.U.R. (Rossumovi Universálni Roboti) würden wir heute gar nicht von Robotern sprechen. 1937 wurde sein Stück Bílá nemoc von und mit Hugo Haas verfilmt: Die weiße Krankheit.
Čapek musste noch erleben, wie kurz vor seinem Tod Hitler in die Prager Burg marschierte und die Staatsbank um ihr Gold erleichterte. In der Weißen Krankheit beschrieb er einen Autokraten wie Hitler (und – mit diesem nicht zu vergleichen, doch traut man auch ihm mittlerweile einen Staatsstreich zu: Donald T., die Karikatur eines Präsidenten, die Carl Barks nicht besser hätte zeichnen können). Diesem Diktator sind die Jungen wichtiger, denn sie braucht er zum Kriegführen. Menschen im fortgeschrittenen Alter werden derweil von einem Virus hinweggerafft, das sich durchs Händeschütteln verbreitet und, weil zuerst in einem chinesischen Krankenhaus nachgewiesen, das chinesische (!) heißt.

Leider haben wir in Deutschland keinen Čapek, nicht mal ein schnelles Internet (da hinkt es dann auch mit der Intelligenz, zumal der künstlichen): nur noch die traurigen Reste von Perry Rhodan, dem einstigen Star der sogenannten Raketenhefte, wir haben Andreas Eschbach, der immerhin ein Perry-Rhodan-Prequel schrieb, wir haben Wolfgang Hohlbein, der in Goethes Weimar geboren wurde, aber an diesen trotz seiner Auflagenrekorde nicht heranreicht, Andreas Brandhorst mit seinem ersten Roman Die Unterirdischen im Zauberkreis-Verlag, sie alle nicht die „Erben des Universums“, sondern Epigonen von Kurd Laßwitz, Hans Dominik & Co. Es mag Ausnahmen geben: Timo Leibig (vielleicht mit Nanos), aber der setzt inzwischen auch nur auf seine Serienfigur Leonore Goldmann, Tom Hillenbrand, nein, nicht Frank Schätzing, bitte nicht: „Wir haben die Chance, die Welt nach Corona besser zu machen.

Rolf Giesen



ZUM 25.TODESTAG by Martin Compart
8. Juni 2020, 9:38 am
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JEAN-PATRICK MANCHETTE – Gedanken zum 25. Todestag am 03. Juni 2020



Bunker-boy mit seinem ersten Buch by Martin Compart
7. Juni 2020, 9:22 pm
Filed under: Allgemein

Schon bald wird er sich vorlesen lassen.



Huch! Es gibt Kinderschänderringe! by Martin Compart
7. Juni 2020, 12:36 pm
Filed under: Allgemein

Keiner erinnert sich mehr an Dutroux und Nihoul. Namen, die nicht mal mehr in den Medien als Vergleichswerte erscheinen.
Und 2001 erschien bereits der Klassiker zur Thematik:



ZU UNRECHT VERGESSENE SONGS: Ein Song vom Bronx-Beat-Giganten by Martin Compart
5. Juni 2020, 8:14 pm
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Nee, einer muss noch dazu:



dazu schweigt der weise mensch und bewundert beeindruckt by Martin Compart
5. Juni 2020, 6:32 pm
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EIN ARGENTINIER IN OXFORD: GUILLERMO MARTINEZ UND DER KLASSISCHE DETEKTIVROMAN by Martin Compart

Den angelsächsischen Kult um Lewis Carroll und sein Buch ALICE IN WONDERLAND fand ich nie sonderlich interessiert.
Das änderte sich umgehend, als Guillermo Martinez ihn zum Thema eines klassischen Detektivromans machte!

Sechzehn Jahre nach seinem ersten Detektivroman um den Oxforder Mathematik-Professor ARTHUR SELDOM und seinem „Watson“, dem namenlosen argentinischen Studenten, erschien 2019 die lang ersehnte Fortsetzung, die umgehend mit dem NADAL-Preis ausgezeichnet wurde. Der erste Seldom-Roman war 2003 mit dem PLANETA-Preis ausgezeichnet worden.

Zusammen mit dem Erstling DIE OXFORD MORDE veröffentlichte der Eichborn-Verlag nun auch das Sequel, DER FALL ALICE IM WUNDERLAND.

Wie der Vorgänger spielt auch ALICE im akademischen Milieu von Oxford; ein klassischer Detektivroman im „Don-Stil“. Dieser „Don-Stil“ (auch „academic mysteries“, „Oxbridge Mysteries“ oder „dons´ delights“ genannt) bezeichnet klassische Detektivromane, in denen Autoren die Form dazu benutzen, neben der Rätselhandlung kultiviert über Literatur, Theater, Malerei oder Kunst und Gesellschaft zu plaudern.

Die Auflösung des Rätsels reflektiert den Bildungsstand. Das für derartige Highbrow-Themen bevorzugte Universitätsmilieu zwingt sich geradezu auf. Als Beginn dieses universitären Subgenre gelten Dorothy L.Sayers‘ GAUDY NIGHT (1935) und Michael Innes‘ DEATH AT THE PRESIDENT´S LODGING (1936).

Für die snobistischen Fans, die selbstverständlich den nicht bildungsfernen Schichten angehören, sind diese Don-Novels die höchste Ausformung des klassischen Detektivromans. Man hat ihn gerne auf sein logisches Existenzminimum reduziert und warf und wirft ihm nicht vorhandenen Realismus vor.

Dem könnte man mit Robert Graves und Alan Hodge entgegnen:
Im Übrigen war es ebensowenig beabsichtigt, Detektivromane nach realistischen Maßstäben zu beurteilen wie die Schäfer und Schäferinnen auf den Gemälden Watteaus an zeitgenössischen Methoden der Schafzucht zu messen “(THE LONG WEEKEND, 1940).

DER AUTOR
Guillermo Martinez wurde 1962 in Bahia Blanca an der Atlantikküste Argentiniens geboren. Als Jugendlicher träumte er davon Tennis-Profi zu werden, aber Neigung und Begabung führten ihn zu Mathematik und Philosophie.

Nach seiner Promotion als Mathematiker arbeitete er als Postdoktorand am Mathematischen Institut der Universität von Oxford, das ihn sehr beeindruckte und zu seinen Detektivromanen anregte. „In Oxford ändert sich praktisch nie etwas. Menschen sterben, Menschen kommen und gehen, aber in Oxford bleibt alles beim Alten. Es ist Teil seines Charmes.
Die düsteren Geheimnisse, verborgen in antiquierten Ritualen und verkrusteten universitären Strukturen, gaben den hier angesiedelten Detektivromanen häufig einen leichten Hauch von Gothic Novel. Denn man lebt hier mehr nach innen statt nach aussen.

Anschließend zog er nach Buenos Aires. 1982 veröffentlichte er sein erstes fiktionales Werk, den Erzählungsband LA JUNGLA SIN BESTIAS.
1989 erhielt er für den Kurzgeschichtenband INFIERNO GRANDE den „Premio Nacional Roberto Arlt“.
Es gibt wohl wenige lateinamerikanische Autoren, die nicht von Jorge Luis Borges beeinflusst sind. Auch für Martinez ist er von zentraler Bedeutung, wie er immer wieder verdeutlicht. Daneben nennt er als starke Einflüsse „Henry James, Thomas Mann, Jorge Luis Borges, Julio Cortázar, Witold Gombrowicz, Jean Paul Sartre, E. L. Doctorow, Patricia Highsmith, Dino Buzatti und natürlich den historischen Materialismus; die marxistische Betrachtung der Geschichte und Analyse der sozialen Kräfte.“
Und letztere macht ihn sogar sehr ärgerlich: „Im weitesten Sinn macht mich die Beständigkeit des Kapitalismus wirklich wütend, diese widerwärtige Maschine, die immer neue Armut erzeugt. Ansonsten rege ich mich nur über Bürokratie, argentinische Autofahrer und einige Literaturkritiker auf.“

Und wie hat die Mathematik sein Schreiben beeinflusst?
„Vielleicht bei der Präzision eines Plots, in der Auswahl der richtigen Worte, in der permanenten Korrektur des Textes, in der Suche nach einer bestimmten Transparenz der Prosa und in der Zielsuche nach Eleganz.“

DIE OXFORD MORDE

In den OXFORD MORDEN gelang es Martinez ein Axiom von Werner Heisenbergs Unschärferelation als Plotstruktur umzusetzen. Heisenberg behauptete, dass es unmöglich ist, ein Phänomen wirklich zu verstehen, da man bei der Analyse die Position die Quanteneffekte stört und damit auch die Funktion der Elektronen verändert. Genau das passiert im Roman durch die Anwesenheit von Professor Seldom und dem Ich-Erzähler.

Guillermo Martínez
DIE OXFORD-MORDE
Kriminalroman
Übersetzt von Angelica Ammar
An einem lauen Sommerabend in Oxford findet ein argentinischer Mathematik-Doktorand die Leiche seiner Vermieterin. Kurz darauf geschehen weitere Morde, und kein Geringerer als Arthur Seldom, der berühmte Professor für Logik, erhält jedes Mal eine Nachricht mit einem rätselhaften Symbol. Schnell ist klar: Wenn sie den nächsten Mord verhindern wollen, müssen Seldom und der junge Doktorand die logische Reihung der Symbole entschlüsseln …
Eichborn Verlag; Paperback 14,00€;eBook 9,99.

Martinez hat den klassischen Detektivroman zugleich bestätigt und innoviert.
„Meine Absicht war es, ein Genre zu retten, das als veraltet galt. Das ist für einen Autor eine große Herausforderung. Ich glaube nicht besonders an die Theorien, die über den Noir-Roman und über die geringe Kunstfertigkeit des Rätselromans kursieren. Ich denke, dass es in jeder Literaturform Kunstfertigkeit geben kann, und ich denke, dass der Rätselroman ein Genre ist, das so edel ist wie jedes andere. Vorausgesetzt, man leistet, was Borges verlangt hat: Über die Regeln hinauszugehen. Das habe ich versucht. Der klassische Detektivroman eignet sich sehr gut, um über Erkenntnistheorie und Philosophie zu reflektieren.“

Schon im Golden Age hatte man Parallelen zwischen dem Detektivroman und mathematischen Gleichungen gezogen. Martinez gehört zu den Mathematikern, die darüber hinaus auch Vergleiche zur Poesie ziehen. „Mathematik ist eine kreative Tätigkeit, die der Poesie nahesteht, der Schönheit in den Symmetrien nahekommt und wunderbare Wurzeln in der Philosophie hat. Nur wenige Dinge sind so humanistisch wie die Mathematik.“


Dem Roman vorausgegangen war ein fehlgeschlagenes Experiment. Man hatte Martinez gebeten, für eine Internetseite einen Roman in Episoden oder Fortsetzungen zu schreiben. „Ich musste sofort an Sherlock Holmes denken, der ja ganz ähnlich erstveröffentlicht wurde in Magazinen. Ich versuchte eine neue Version eines logisch denkenden Detektivs, der mathematisch dachte. Nach dem ersten Kapitel, bzw. der ersten Folge, wurde das Projekt aus finanziellen Gründen abgebrochen. Da saß ich nun mit dem Anfang eines neuen Romans und entwickelte ihn weiter.“
Daraus wurde dann DIE OXFORD MORDE.

Man hat dem Buch einige Fehler vorgeworfen. Etwa, dass englische Polizisten keine Schusswaffen dauerhaft mit sich führen dürfen, schon gar nicht, wenn sie nicht im Dienst sind; dass das Gesundheitswesen falsch dargestellt ist und dass die meisten Engländer nachts die Vorhänge zu ziehen.
Wen interessiert das im Zusammenhang mit einem klassischen Detektivroman, der keinerlei Anspruch auf naturalistisches Erzählen erhebt?

DIE OXFORD MORDE wurde ein Welterfolg und ist bisher in 26 Sprachen übersetzt. Ebenfalls erfolgreich war die Verfilmung durch Alex de la Iglesia mit John Hurt und Elijah Wood.
I liked most of the movie. The actors were superb, John Hurt did a great job, and I also liked Elijah Wood very much. I think that the movie followed the main lines of the novel, with some variations, many of them ruled by film constrains and simplifications. But in general, I do think that it is quite faithful to the spirit of the novel.”

Der Regisseur sagt über diesen wunderbaren Film und die gelungene Adaption:

„It’s strange because at the beginning, I read a bad review in a Spanish newspaper, so I remembered thinking, ‘Maybe it’s a good novel.’ And I read it and my first idea was it’s impossible to make a movie with this novel because it’s only mental, there’s no action. Everything happens in the brain. Maybe one year later, Gerardo [Herrero], my producer, called me and told me, I read the novel, I loved the novel, I bought the novel. It’s the Guillermo Martinez novel. What do you think? And suddenly I felt that this was a challenge for me. How can I tell the story visually? It was a real exciting exercise for me and an English movie with English actors — it was like an exam. Can I do it in a real way? Can I make a British movie? I enjoyed doing it and I think the results are really positive… Well, in the script, we changed mathematics for philosophy, so [the characters] are talking about philosophers. In the novel, Guillermo talks about Wittgenstein, but we wanted to make the part bigger because for me, he’s the great thinker. I remember studying philosophy and not understanding anything about [Wittgenstein’s sole book] TRACTATUS. I read it when I was 18 years old. And Wittgenstein worked on TRACTATUS when he was in the first World War, not in the middle of battle, but in the trenches.”

In beiden Romanen wird die Geschichte von einem namenlosen Ich-Erzähler berichtet, von einem argentinischen Studenten (erst Doktorand, im zweiten dann Postdoktorand) Anfang zwanzig. Das Alter-Ego des Autors? „Sicher. Wenn der Erzähler zum Beispiel zu sich selbst sagt: `Die einzige Entschuldigung für Gott ist, dass er nicht existiert´.“

Arthur Seldom ist den Denkmaschinen des Golden Age nachempfunden, eine Oxforder Mathematik-Koryphäe und Autor eines Buches über Logik und Serienmörder, mehr interessiert an intellektuellen Puzzles als daran, Menschenleben zu retten. Aus mathematischer Perspektive betrachtet er die Röhren, Stollen und Querverbindungen, die unterhalb der Oberfläche verlaufen.

Eine bemerkenswerte Reinkarnation des „Great Detective“.

Mit dem Ich-Erzähler als Watson, der Seldom bewundernd assistiert, stützte sich Martinez bewusst auf die Struktur von Conan Doyles Holmes-Geschichten (wie es zuvor auch Umberto Eco in IM NAMEN DER ROSE getan hatte, mit dem die OXFORD MORDE mehrfach verglichen wurde).

Die Charakterisierungen des Personals hält sich in Grenzen, könnte flach wirken, wenn Martinez dies nicht mit seiner stilistischen Eleganz ausgleichen würde. Beides sind kurze Romane und wären durch intensivere Charakterauslotungen eher überfrachtet. Das hätte auch dem hohen Tempo geschadet. Denn es sind Page-Turner, die man in einem Rutsch lesen kann (Inzwischen leider sehr selten in allen Genres, und deswegen umso kostbarer). Die knappen Charakterisierungen passen bestens in dieses Konzept. Eine stärkere Gewichtung würde es untergraben und das kurzweilige Vergnügen lahmen lassen. Es sind Romane ohne Pathos, Psychologie und ohne überflüssiges Fett. Ein grandioser Mix aus Philosophie, Mathematik und Detektivroman, der den Leser bei aller Abstraktion auch emotional gefangen nimmt.

Die Plots sind herausragend, aber entscheidend ist, wie sie erzählt sind.

Übrigens erzählte Martinez in seinem Roman ACERCA DE RODERER (RODERERS ERÖFFNUNG), 1992, in gewisser Hinsicht die Vorgeschichte zu den Oxford-Romanen: Der Erzähler-Detektiv ist hier, kurz vor seiner Abreise nach Oxford, in einer Rückschau seines bisherigen Lebens. Er ist selbst hochbegabt, aber von jener „assimilierenden Intelligenz“, berichtet von seiner Begegnung mit dem Genie Roderer, der seinen Genius als Außenseiter lebt.

DER FALL ALICE IM WUNDERLAND

Lewis Carroll (1832-1898) war ein interessanter Mann, und sein Werk, das besonders Wirkung auf die Surrealisten ausübte, ist nach wie vor populär; in der angelsächsischen Welt gilt Carroll als Klassiker, der nicht nur James Joyce, Evelyn Waugh, Julian Barnes oder Stephen King inspirierte.

Guillermo Martínez
Der Fall Alice im Wunderland
Die ehrwürdige Oxforder Lewis-Carroll-Bruderschaft ist einer Sensation auf der Spur: Aus dem Tagebuch des weltberühmten Schöpfers von Alice im Wunderland ist eine bis dato verschollene Seite aufgetaucht, die Brisantes offenbart. Doch bevor die Bruderschaft den Fund veröffentlichen kann, geschehen mehrere Morde, die durch das literarische Universum von Lewis Carroll inspiriert zu sein scheinen. Auch in ihrem zweiten Fall müssen Logik-Professor Arthur Seldom und sein junger argentinischer Mathematik-Doktorand…
Eichborn Verlag, Paperback, 16,00 €; eBook,11,99 €

Neben seiner Schriftstellerei arbeitete er als Mathematiker, Diakon und Fotograf. Von den 3000 Fotografien, die er gemacht haben soll, überlebten nur etwa 1000. Von denen stellen 50% junge und – nach heutigen Maßstäben – sehr junge Mädchen dar. Er soll acht Sitzungen mit nackten Kindern inszeniert haben. Dieser „Carroll Myth“ ist der dunkelste Teil seines Schaffens. Es wird gemunkelt, dass er arme Frauen dafür bezahlt hat, ihre kleinen Mädchen für diese Fotoshootings zur Verfügung zu stellen.

Das Verhältnis zu Minderjährigen war historisch ein anderes als heute, wo man Carroll sicherlich als pädophil eingeordnet hätte. In dieser Epoche konnte man 12jährige Mädchen (ver)heiraten. „Es gibt einen Brief, den ich im Roman erwähne, den Carroll an einen Cousin schickte, der von einem 11-jährigen Mädchen besessen war. Darin rät er ihm, in eine andere Stadt zu ziehen und darauf zu warten, dass das Mädchen 12 wird.“

Auslöser der Handlung sind 1994 aufgefundene Aufzeichnungen zu den herausgerissenen Tagebuchaufzeichnungen von Carroll. Diese sollen Aufklärung über das Zerwürfnis zwischen Carroll und den Eltern von Alicia Liddle (seiner „Alice im Wunderland“) geben.

„Es war die Entdeckung dieser Papiere im Jahr 94, die mein Interesse auslöste. Genau ein Jahr nach der Handlung des vorherigen Buches. Und dass Carroll ein prominenter Repräsentant des Oxford-Universums ist. Für mich passte alles zusammen.
Als ich in Oxford lebte, besuchte ich einmal die Christ Church und dort sah ich das Porträt von Lewis Carroll. Ich wusste, dass er dort gelebt hatte, und es gibt auch einen Alice-Geschenkeladen, den ich besuchte. Während ich einige Notizen und Klappentexte über sein Leben las, fand ich ein Detail, das mich faszinierte: Seine Nichten und Enkelinnen befanden sich nach seinem Tod im Besitz von Carrolls privaten Tagebüchern und rissen verschiedene Seiten heraus. Insbesondere über das Zerwürfnis mit den Eltern von Alicia Liddle. Ein ständiges Thema unter Carrolls Biographen und Anhängern, die sich nicht darauf einigen konnten, was an diesem Tag passiert war. Das Merkwürdigste, was mich dazu inspirierte, diesen Roman zu schreiben, war die Tatsache, dass diese Frauen, die sehr religiös waren, für jede rausgerissene Seite eine Zeile auf ein Stück Papier geschrieben hatten, die 1994 gefunden wurden.“

An Material für die Recherche zu Carroll und ALICE war kein Mangel.

„Also habe ich recherchiert, wie ich es für keinen anderen Roman getan hatte. Gleichzeitig hatte ich so viel Material, dass die Gefahr drohte, den Roman in eine Akte mit Notizen zu verwandeln. Bei der Arbeit ist mir etwas passiert, das mir vorher noch nicht passiert war: Ich hatte mit einem falschen Schritt begonnen und sechs Kapitel geschrieben, die ich nach sechs Monaten komplett neu schreiben musste, weil sie nicht im richtigen Tempo der Geschichte waren. Ich musste den Protagonisten in den Mittelpunkt des Geschehens stellen und hatte dies zunächst nicht getan. Und ich war unsicher bezüglich der Besetzung der Verdächtigen. Ich wollte nicht, dass sie bloße Staffage waren, sondern dass jeder seine Persönlichkeit, seine Macken, sein öffentliches Leben, sein geheimes Leben hatte.“

Fazit:
Auch wer kein Freund klassischer Detektivromane ist, sollte die beiden Meisterwerke von Guillermo Martinez probieren. Sie zeigen, wieviel Substanz in ihm stecken kann.
Der klassische Whodunnit – in den 1980er- und 1990er Jahren zur modrigen Literaturleiche erklärt – hat in den letzten Jahrzehnten ein erstaunliches Revival erlebt.

Vielleicht doch nicht so erstaunlich:

Die Strukturen des Genres mit Amateurdetektiven als Protagonisten ähneln erstaunlich der neoliberalen Ideologie. Intellektuell sind diese tatkräftigen Ermittler den staatlichen Ordnungskräften überlegen. Ihr Erfolg verlangt ein möglichst autonomes Agieren, frei von staatlichen Beschränkungen (und lediglich in Notfällen verlangen sie dessen uneingeschränkte Unterstützung).
Das globale Plündern der Neo-Liberalen fällt zeitgleich mit dem Widererstarken des Genres zusammen. Das Unterbewusstsein macht keine Fehler (auch wenn manche glaubwürdig versichern, sie hätten keines).



Das 15.THRILLER-FEST DER INTERNATIONAL THRILLER WRITERS FINDET VIRTUELL STATT by Martin Compart
2. Juni 2020, 8:33 am
Filed under: thriller | Schlagwörter: ,

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