Martin Compart


KULT-SERIE „BANSHEE“ – Every Cop is a Criminal… by Martin Compart
30. Juni 2023, 4:07 pm
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…sang schon Mick Jagger in SYMPATHY FOR A DEVIL. Damit gab er der 44 Jahre später entstandenen TV-Serie eine Grundprämisse vor.

Bei der Erstausstrahlung ist sie mir entgangen – und umso größer war die Überraschung und Freude sie jetzt zu entdecken! Sie wird auf WOW ausgestrahlt oder unverschämt kostenpflichtig bei Amazon-Prime.

Gewalttätig, dramatisch, witzig, vulgär, spannend, erschreckend, fesselnd und verdreht – BANSHEE feuert aus allen Rohren.

BANSHEE ist wahrscheinlich die härteste, brutalste Prügel & Baller-Serie, die bisher gedreht wurde. Aber wäre sie nur das, würden nur die üblichen Idioten kichernd und saufend vor dem Bildschirm sitzen. Sie ist jedoch mehr als eine Mischung aus Soft-Porno und Action: Sie versucht auch mit einer gewissen Empathie die Menschlichkeit in jeder Figur zu finden. Außerdem gab und gibt es wohl keine Serie mit so vielen starken und gleichberechtigten Frauen. Das Produkt eines progressiven Geistes, der das kapitalistische System als strukturell kriminell benennt.

Mastermind Jonathan Tropper hat eine actiongeladene Fernsehserie geschaffen, die die Charakterstudien und facettenreichen Plots verbindet, die Leser seiner dramatischen Gesellschafts-Romanen schätzen.
Progressiv im Personal war sie ihrer Zeit voraus: Ein Element, das man in dieser Mischung noch nie gesehen hatte, ist der transvestitische Friseur und Computer-Hacker Job (Hoon Lee, „Premium Rush“), der Luke Hood die Mafia vom Hals hält und ihm auch sonst hilft, seine neue Identität zu etablieren.

Auf den ersten Blick erscheint nichts wirklich neu, auf den zweiten Blick wird einem klar: hier ist alles anders. Anfangs ähnelt die Serie häufig einem Western (wie SHANE), aber auf Droge.

Banshee ist eine clevere, selbstbewusste Serie, die gerne Klischees aufgreift oder versucht, sie auf den Kopf zu stellen.
Szene für Szene nimmt BANSHEE müde alte Klischees auf (z. B. den selbstgefälligen und unverwundbaren örtlichen Verbrecherboss Kai Procter, gespielt von Ulrich Thomsen) und schichtet psychische Erkenntnisse über sein Erscheinungsbild (Procter ist nicht nur ein gemiedenes ehemaliges Mitglied der örtlichen Amish-Gemeinschaft, sondern kämpft auch mit einer Reihe emotionaler Dämonen), bis es sich überzeugend neu anfühlt.

In dieser der Cinemax-Serie geht es um einen namenlosen Mann (Antony Starr), der gerade 15 Jahre im Gefängnis verbüßt hat, weil er Diamanten von dem brutalen ukrainischen Gangster, Mr. Rabbit (Ben Cross), gestohlen hat.

Er reist in die fiktive Kleinstadt Banshee, Pennsylvania, wo seine ehemalige Partnerin und Geliebte Anastasia (Ivana Miličević, „Running Scared“), jetzt mit dem Staatsanwalt der Stadt verheiratet ist, zwei Kinder hat, und sich „Carrie Hopewell“ nennt. Als der zukünftige Sheriff ermordet wird, nimmt der namenlose Mann seine Identität an, Lucas Hood, und wird der neue Sheriff von Banshee. Mit der Hilfe von Sugar (Frankie Faison, „The Wire“), einem pensionierten Boxer und Ex-Knacki, und Job (Hoon Lee), dem transsexuellen Computerhacker, muss er den örtlichen Verbrecher, den verbannten Amish Proctor (Ulrich Thomsen), in Schach halten und gleichzeitig die Verfolgung von Mr. Rabbit vermeiden, der auf Rache sinnt.

Der grandiose Antony Starr (aktuell als Bösewicht Homelander in „The Boys“) spielt seinen Sherriff Lukas Hood als einen Dirty Harry mit Herz: Sicher, er macht nicht alles nach Vorschrift, aber er erzielt Ergebnisse! „Hood may be more comfortable on the other side of the law.“

Tropper: „Ich hatte immer das Gefühl, dass die Geschichte von Lucas Hood eine Tragödie ist, und ich hatte immer das Gefühl, dass seine Erlösung letztlich im Opfer liegt. Im Laufe des Schreibens der Serie habe ich verstanden, dass dieser Typ, der keinen Namen hat und den wir Lucas Hood nannten, ins Gefängnis ging, als er so jung war, dass er nie wirklich jemand wurde, und in dem Moment, als er aus dem Gefängnis kam, nahm er eine andere falsche Identität an. Er hatte nie die Chance, jemand zu werden, und so wurde mir klar, dass es am Ende der Geschichte weniger um Sterben und Opfer geht, als vielmehr darum, dass er endlich am Ende seiner Reise als Niemand ankommt und sich auf den Weg macht, die Person zu werden, die er ist. Es ging darum, dass er seine eigene Identität findet, anstatt die Nicht-Identität eines Gefangenen und dann diese angenommene Identität. Es ging darum, dass er endlich befreit wird und seine Identität finden konnte. Das hat die Art und Weise, wie wir die Serie zu Ende gebracht haben, wirklich verändert.“

The whole show is about him trying to figure out who he is.“

Einer der Autoren definierte die Serie so: „dass wir es mit echten Fröschen in einem imaginären Teich zu tun haben.“ Die Idee war, dass die Figuren, egal wie ausgefallen die Handlung auch sein mochte, aus einem echten menschlichen Umfeld kommen und echte menschliche Beweggründe haben mussten. Sie durften nie flach sein; jeder in Banshee musste jemand sein, der eine eigene Spin-Off-Serie wert wäre. Die Autoren arbeiteten hart daran, sie menschlich überzeugend zu machen.

Die einzelnen Folgen sind vollgestopft mit psychologischer und exzessiver physischer Handlung, so dass man die Serie problemlos mehrmals ansehen kann, um immer wieder neues zu entdecken. Das liegt auch daran, dass mit der Stadt ein ganzes Universum – wie etwa in Joseph Conrads Borneo ( Sambir, Patusan) – entwickelt wurde.

You’ve got the whole world in front of you, and you’re going to the one place you absolutely should not go.”
Nämlich nach Banshee.

Die Autoren haben diesen Ort als eigenen, überzeugenden Kosmos gestaltet. Tropper: „Was die Mythologie angeht, so denke ich, wenn zwei Romanautoren an einer Fernsehserie arbeiten, wird es nie an Hintergrund und Mythologie mangeln, denn wenn man ein Buch schreibt, braucht man all das, um jede einzelne Seite zu füllen. Und man kann nicht mogeln. Man könnte eine Fernsehserie schreiben, und die ersten paar Episoden müssten nicht die ganze Mythologie enthüllen. Aber ein Buch ist ein abgeschlossenes Projekt, das alles erfordert. Man muss den Hintergrund im Wesentlichen von der ersten Seite an kennen. Wir hatten uns zu gut vorbereitet, und es gibt wahrscheinlich noch jede Menge Geschichten über die Menschen in der Stadt Banshee, die wir aber nie nutzen konnten. Aber die Idee war, eine dreidimensionale Welt zu erschaffen, die sich wie ein eigener Kosmos anfühlt. Wenn man erst einmal damit anfängt, wird es für einen lebendig, und dann hat man große Freude daran. Es ist, als würde man eine eigene Welt erschaffen.“

Und die Serie liefert Subtext, von dem deutsche TV-Serien nicht mal zu träumen wagen:

Sie ist ein Gegenentwurf zu Sartres Axiom „Die Hölle sind die anderen“, denn sie illustriert: Die Hölle sind wir. BANSHEE wurzelt mit einem Bein in der Aufklärung, mit dem anderen in der Romantik.

BANSHEE funktioniert auch als Moralstück; jeder in der Serie trägt die Konsequenzen für seine Täuschungen. Und Lucas Hood hat bereits seine getragen. Er hat 15 Jahre als Dieb gesessen, aber jetzt ist er rausgekommen und gibt sich als Sheriff aus.
Er zieht einen Pfad der Zerstörung hinter sich her, weil er nur darauf aus ist, das zu bekommen, was er will. Es ist ihm egal, ob er die Stadt zerstört, zumindest anfangs. Und deshalb kommt er nicht mit heiler Haut davon. In einer Folge der dritten Staffel (die Folge ist eine Hommage an „Assault on Precinct 13“) zahlt er schließlich den ultimativen Preis, indem Siobhan, die in gewisser Weise seine Erlösung und Rettung zu sein schien, getötet wird.

Ob Kai Proctor, Siobhan, Lucas Hood oder Carrie, jeder hat ein Geheimnis. Es gibt keine guten und bösen. Jeder hier hat etwas Falsches getan. Keiner ist unschuldig. Und es geht darum, wie sie dafür bezahlen. Und jeder zahlt. Sie zahlen nicht immer mit dem Tod, aber jeder zahlt seine Schuld an seinen Lügen und Verbrechen – allerdings nie durch staatliche Instanzen.

Unsere Hoffnung auf wahre Gerechtigkeit – durch Strafverfolgung, Gerichtsverfahren, Journalismus, Whistleblowing, Community-Organisation oder sogar Karma -existiert nicht mehr. BANSHEE besteht wie auch andere (nicht deutsche) Serien darauf, dass die einzige Möglichkeit, Verbrechen zu bekämpfen, darin besteht, etwas nettere und besser aussehende Verbrecher einzusetzen.

Zivilisation definiert sich einmal mehr als steuerfreier Raubtierkapitalismus in dem die organisierte Kriminalität längst integrierter Bestandteil der Gesellschaftsordnung ist.
Die Serie wurde 2016 eingestellt – in dem Jahr als Trump Präsident wurde. Sie belegt somit, wie kaputt und verkommen die USA bereits vor Trump waren und antizipiert seinen Aufstieg indem in Banshee der größte Gangster der Stadt zum Bürgermeister gewählt wurde.

Als eine Art visueller Zivilisationskritik fährt die Kamera beim brutalen Zusammenschlagen einer Person in einem Schlachthaus über einen Tisch mit blutigen Fleischstücken hinweg. Nicht gerade subtil, aber effektiv. Neben Schlachthäusern würdigt die Serie auch die Zustände in den schwarzen Gefängnissen/Verhöreinrichtungen der CIA („Dagegen ist Abu Ghraib ein Pfadfinder-Ferienlager.“).

Diese Serie ist ein bösartiger und lächerlicher Karneval menschlicher Monster – von Gangstern und Mördern bis hin zu Neo-Nazi-Skinheads und mörderischen amerikanischen Ureinwohnern.
Dank ihres Amerikabildes ist sie nicht als Unterhaltung für einen Atlantik-Flug geeignet. Denn dann würde man im amerikanischen Zielflughafen sofort den Rückflug buchen.

PRODUKTION

Banshee ist eine amerikanische Action- Fernsehserie von Jonathan Tropper und David Schickler , die ursprünglich vom 11. Januar 2013 bis zum 20. Mai 2016 im Cinemax- Netzwerk in vier Staffeln mit insgesamt 38 Episoden ausgestrahlt wurde.

Bei den ersten drei Staffeln fanden die Dreharbeiten hauptsächlich in der Gegend von Mooresville, North Carolina , statt . Neben Mooresville wurden auch andere Standorte in der Umgebung genutzt, darunter Huntersville, Mount Ulla, Lincolnton, Salisbury, Charlotte, Monroe, Gastonia und Waxhaw. Da der Gesetzgeber von North Carolina beschlossen hatte, die Steuervorteile für das Filmen von Filmen und Fernsehserien einzustellen, wurde die Show in die Gegend von Pittsburgh, Pennsylvania , verlegt , mit Schwerpunkt im Vorort Vandergrift, Pennsylvania . Pennsylvania bietet weiterhin Steueranreize an.

Der US-Kabelsender Cinemax machte sich Mitte der 1980er Jahre einen Namen, indem er mehr B- und C-Filme als seine Konkurrenten ausstrahlte; ein Zufluchtsort für alle, die Gewalt und Nacktheit lieben, und löste die verschwindenden Grindhouses und Drive-ins ab – nicht umsonst als „Skin-emax“ bezeichnet. Als es Zeit war, sein eigenes Programm zu produzieren, kehrte er zu diesen Grundwerten zurück. Das wunderbare BANSHEE war das Ergebnis.

Wie „Strike Back“, die andere Late-Night-Action-Serie von Cinemax, war BANSHEE purer Pulp mit Nacktheit, Sex und Comic-Gewalt, aber auch genug echtes menschliches Gefühl, um die Serie zu erden.

Tropper erinnert sich an die Anfänge: „Wir befanden uns also in einer wirklich merkwürdigen Lage, denn wir hatten grünes Licht für eine Serie, wussten aber nicht das Geringste über die Produktion. Und niemand versuchte uns in Schranken zu weisen. Ich glaube, es war ein Vorteil, bei Cinemax zu sein, dass in gewissem Sinne ein Startup war, bei dem es noch keine Unternehmenskultur gab, in der man sagte: `Okay, wir setzen euch in den Autorenraum, aber wir werden einen Showrunner holen.´

Die – meiner Meinung nach sehr kluge – Idee war, dass wir einfach jemanden holten, der wusste, wie man eine Fernsehserie aufbaut, und jemanden, der sich mit allem anderen auskennt. Und so holten wir einen Produktionsleiter, Greg Yaitanes, der 20 Jahre lang nicht nur beim Fernsehen Regie geführt, sondern auch Produktionen aufgebaut hatte. Und ganz ehrlich, auch wenn der Titel des Showrunners normalerweise den Autoren zusteht, war Greg in der ersten Staffel der Showrunner, da er uns wirklich durch den gesamten Prozess geführt hat. Er stellte alle Abteilungsleiter ein, er kümmerte sich um das Casting, er arbeitete mit dem Produktionsdesign, er suchte die Drehorte aus und er nahm uns mit. Aber es war wirklich so, dass er das Ganze als Quarterback leitete und die Show zusammenstellte, während wir an den Drehbüchern arbeiteten. Ich habe also gelernt, wie man Fernsehen macht, indem ich Greg beobachtet und von ihm gelernt habe.

Als es um die Besetzung der Hauptrolle ging, hatten wir einige berühmte Leute im Kopf. Besonders neigten wir zu Colin Farrell.

Aber Greg sagte: `Wir wollen keine berühmten Leute. Ich will keine Gesichter, die die Leute erwarten. Ich möchte Gesichter in die Serie bringen, die noch nie jemand gesehen hat, weil wir eine Welt erschaffen, die noch nie jemand gesehen hat. Und ein bekanntes Gesicht wird die Leute aus dieser Welt herausholen.´ Und das war etwas, das mir nie in den Sinn gekommen war, aber als wir den Casting-Prozess durchliefen und ich sah, auf wen er sich konzentrierte, hatte er zwei Ziele. Zum einen wollte er, dass die Besetzung völlig unerwartet ist, und zum anderen wollte er, dass es nicht wie eine Fernsehserie aussieht. Er kam von einem Fernsehsender und kannte die Art von Leuten, die sie für diese Art von Rollen besetzen. Und er sagte: `So etwas werden wir nicht machen.´ Das ist etwas, was ich bei allem, was ich danach gemacht habe, mitgenommen habe, nämlich zu versuchen, wenn schon nicht gegen den Typ, so doch zumindest gegen die Erwartungen zu besetzen. Und das nimmt man mit in seine Drehbücher und in die Art und Weise, wie man Sets betrachtet.“

Bevor Jonathan Tropper zum Fernsehen ging, war er bereits als Schriftsteller erfolgreich: Als internationaler Bestsellerautor hat er sechs Romane geschrieben, die in 30 Sprachen übersetzt wurden: „Plan B“, „The Book of Joe“, „Everything Changes“, „How to Talk to a Widower“, „This Is Where I Leave You“ und zuletzt „One Last Thing Before I Go“. Einer wurde bereits verfilmt, zwei weitere sind bei Paramount in Vorbereitung.

Seine aktuelle Serie WARRIOR (bisher 3 Staffeln) über die Tong-Kriege im San Francisco des späten 19.Jahrhunderts ist ein konsequentes Vehikel für Troppers Action-Fantasien und Entlarvungen des dümmlich widerwärtigen Rassismus des weißen Amerika.

In der High School war ich besessen von Kurt Vonnegut und Stephen King. Sie haben eine enorme Kunstfertigkeit, aber wenn man sie liest, hat man das Gefühl, dass sie einem einfach eine Geschichte erzählen. Es ist so, als ob dein Kumpel auf einem Barhocker dir eine Geschichte erzählt. Also habe ich angefangen, sie oft zu lesen, und dann habe ich auch angefangen, wirklich zu versuchen, zu schreiben. Die drei Autoren, die mir am meisten gegeben haben, sind Jay McInerney, Michael Chabon und Richard Russo. Und diese drei Jungs sind bis heute drei meiner Lieblingsautoren.

Banshee war mein drittes Fernsehprojekt. Die ersten beiden Fernsehvorschläge, die ich gemacht habe, beide für HBO, ähneln meinen Romanen, die eher zeitgenössische Romane der Mittelklasse sind. Zu dieser Zeit hatte ich einen anderen Autor, David Schickler, kennengelernt, mich mit ihm zusammengesetzt und die Idee ausgearbeitet.
Banshee war eine Idee, die ich seit der Highschool hatte. Sie entstand aus der Lektüre von `Der Graf von Monte Cristo´. Aber als ich jünger war, war ich mir des Konzepts eines Antihelden viel weniger bewusst. Als die Unterhaltung immer ausgefeilter wurde. und mein eigenes Verständnis wuchs, dass es viel interessanter wäre, wenn dieser Kerl die Identität eines Polizisten stehlen würde, aber nicht, weil er auch nur im Entferntesten an Recht und Ordnung interessiert ist, sondern nur, weil es eine perfekte Möglichkeit ist, sich in aller Öffentlichkeit zu verstecken. Und er könnte die Polizeimarke nutzen, um seine eigenen Ziele durchzusetzen, nämlich das ganze Geld und das Mädchen zurückzubekommen.

Als ich meinen zweiten Roman, `The Book of Joe´, veröffentlichte, ließ ich ihn von meinem Verleger an David Schickler schicken, um zu sehen, ob er einen Blurb dazu schreiben würde, bevor er herauskommt. Er schrieb keinen Blurb. Als ich ihn dann beim Mittagessen traf, fragte er: `Woher kenne ich Sie?´ Und ich sagte: `Weil Sie sich entschieden haben, keinen Blurb für mein Buch zu schreiben.´ Und das war der Beginn einer Freundschaft. Wir kamen ins Gespräch und fanden heraus, dass wir beide erfolglos beim Fernsehen vorstellig geworden waren. Ich erwähnte diese Idee, die ich hatte, und sie gefiel ihm sehr. Also kam er an Bord und begann in den nächsten Monaten mit mir zusammenzuarbeiten, um die Charaktere, die Welt, die Geschichte und die Handlungsstränge auszuarbeiten. Und um der Serie einen Namen zu geben, um der Stadt einen Namen zu geben, haben wir alles zusammengefügt und es dann Alan Ball vorgelegt, der es dann bei HBO verkauft hat.“

Beide teilen auch die Vorliebe zu bestimmten Filmen, die BANSHEE beeinflusst haben.
„Ich war in den 80er Jahren ein Teenager, was meiner Meinung nach das goldene Zeitalter des Actionfilms war. Damals wurden die Actionfilme wirklich neu erfunden. Zuerst Stallone, dann Schwarzenegger, und dann `Stirb Langsam´, die Apotheose von allem. Vor allem die Präsentation von John Rambo und John McClane und Schwarzenegger, die Action überlebensgroß zu machen und ihr einen Sinn für Humor zu geben. Und da ich mich sehr für Kampfsportarten interessierte, schaute ich auch spät nachts im Kabelfernsehen all die Straight-to-Video-Filme und die B-Movies mit weniger bekannten Schauspielern. Ich denke, BANSHEE war eine Hommage an diese B-Movies sowie eine Anspielung auf Pulp und den Sinn für Humor.

Wir sind einfach große Filmfans. Wir dachten wirklich, als wir über Banshee und Kleinstädte und Gewalt in Städten und Menschen mit Geheimnissen nachdachten, an `A History of Violence´. Wir sprachen über das Drama auf der einen Seite und den Spaß auf der anderen, als wir herausfanden, dass der Typ, dem das Diner gehört, in Wirklichkeit ein Killer ist. In BANSHEE haben wir also eine Hausfrau, die eine professionelle Juwelendiebin ist.

Und wir haben auch viel über `The Long Kiss Goodnight´ gesprochen, den man heute kaum noch sieht. Das ist so ein toller Film mit Geena Davis und Samuel Jackson. Das sind Filme, die uns sehr beeindruckt haben, was die Welt angeht, die wir zu erschaffen versuchten. Es war eine kleine Stadt, die überall in Amerika sein könnte, auch wenn wir sie in Pennsylvania angesiedelt haben, aber wir haben die Kriminalität in diese kleine Stadt gebracht und beobachtet.

Es war also alles dabei, von Cronenberg bis… Und es ist auch ein Tarantino-Element dabei. Auch wenn es schwer ist, Tarantino zu zitieren, weil er selbst so viel zitiert, egal ob John Ford oder Sergio Leone. Ich habe das alles zu etwas Neuem verschmolzen, das es zu dieser Zeit im Fernsehen nicht gab.“

Der Look der Serie ist ebenfalls bestechend.

„Die wirklich düstere, braune Ästhetik von Banshee ist das Ergebnis einer Kombination aus Greg Yaitanes, unserem Produktionsleiter, und Chris Faloona, unserem Kameramann. Ich glaube, die beiden haben den Look und die Patina der Serie entwickelt, aber was den Ton und den Stil angeht, und die Tatsache, dass man Spaß, Action und Abenteuer haben kann, ohne die Charaktere zu sehr ernst zu nehmen – das war mein Ziel.“

Ein weiteres Lob gebührt seinen bewussten Bemühungen, eine Welt zu erschaffen, die stark durch ihre segmentierte Demografie definiert ist, einschließlich der Amish-Einwohner und der Diaspora der indigenen Völker

Ein Element, dass man sofort mit der Serie assoziiert, sind die langen brutalen Kampfszenen.

„Zunächst einmal haben wir uns von der ausgefeilten Glätte der Filmkämpfe ferngehalten, was meiner Meinung nach einen großen Effekt hatte. Wir wollten eine Ebene erreichen, die ich heute als konsequente Gewalt bezeichne.
Das ist ein zweischneidiges Schwert, denn einerseits erlaubten wir Lucas Hood, Prügel einzustecken, die kein Mann aushält, immer und immer wieder. Offensichtlich haben wir uns einige kreative Freiheiten herausgenommen. Aber gleichzeitig haben wir die Kämpfe so chaotisch und gewalttätig gestaltet, dass man den Schmerz spürt. Das war für uns wirklich wichtig. Diese Kämpfe sind keine glatten, schönen Kämpfe, sie sind chaotisch, wütend, gewalttätig und schmerzhaft.

Ich habe die Kämpfe Schlag für Schlag geschrieben. Unser Stunt-Team kam dazu und interpretierte es. Manchmal hatten sie bessere Ideen, und wir arbeiteten zusammen, aber ich habe einen Hintergrund mit Kampfsportarten. Gelegentlich schreiben die Autoren, die ich angeheuert habe, einfach ’sie kämpfen‘, und ich schicke es ihnen zurück und sage ’schreibe den Kampf aus‘. Kämpfe erzählen auch eine Geschichte. Schauen Sie sich einen Rocky-Film an; jede Runde erzählt eine Geschichte. Ich denke, was eine Serie wie BANSHEE verkauft, ist die Spezifität; man muss bei allem spezifisch sein, auch bei den Kämpfen.“

Es konnte bis zu 25 Stunden dauern, einige der vielen Kampfszenen zu drehen. Yaitanes nannte Actionfilme mit Jason Statham und John Carpenters Filme „Big Trouble in Little China“ (1986) und „They Live“ (1988) als Inspiration für die Kämpfe. Anthony Starr hatte natürlich auch die meisten Kampfszenen.

„Gleichzeitig wussten wir, dass wir uns ab der dritten Staffel bemühen mussten, Antony Starr freie Tage zu geben. Er war der Star der Serie, also arbeitete er jeden Tag. Es ist eine Sache, wenn man eine Nebenrolle hat und drei Tage die Woche arbeitet und dann einen Kampf lernen muss, aber wenn man Antony ist, muss man jeden Tag arbeiten und seine Kämpfe am Wochenende trainieren. Er arbeitete im Grunde sieben Tage die Woche, und das würde jeden nach einer Weile zermürben. Als wir in die dritte Staffel kamen, hatten wir definitiv das Gefühl, dass wir das Ensemble etwas aufstocken mussten, um ihm Luft zum Atmen zu geben, also war das ein allmählicher Prozess von der dritten zur vierten Staffel.“

Von den vielen Prügelszenen hat sich Starr nie erholt: Im März 2022 wurde er in Spanien, wo er sich zu Dreharbeiten für einen Guy Ritchie-Film aufhielt, wegen Körperverletzung nach einer – durch ihn im betrunkenen Zustand begonnenen – Schlägerei, zu einer 12-monatigen Bewährungsstrafe und zu einer Strafzahlung von knapp 7200 Euro verurteilt. Seinem Opfer rief er zu: „Du weißt nicht, mit wem du dich angelegt hast. Du weißt nicht, wer ich bin […]. Du hast den Fehler deines Lebens begangen und ich werde nach dir suchen. Ich will dich umbringen.“ Gibt es vielleicht doch noch eine 5.Staffel?

DAS ENDE

„Wir sind nicht abgesetzt worden, aber von der kreativen Seite her haben wir beschlossen, die Serie zu beenden, weil wir mit dem Erzählen der Geschichte eigentlich fertig waren. Als Cinemax-Sendung mit den höchsten Einschaltquoten hatte niemand die Absicht, uns abzusetzen. Es war eine rein kreative Entscheidung. Die Serie war nie dazu gedacht, elend lange zu laufen. Wir alle haben am Ende von Staffel 3 beschlossen, dass wir Staffel 4 zu unserem großen Finale machen. Und ich wollte auch nicht weiter machen, nur weil unsere Fans so lautstark und leidenschaftlich waren. Ich wollte nicht dabei sein, wenn sie sich abwenden.“

P.S.
Der Soundtrack der Serie gehört zu den besten der TV-Seriengeschichte und ist häufig wichtiger Bestandteil der Erzählung. Ein Soundtrack-Album, „Banshee – Music from the Cinemax Original Series” , wurde am 11. Februar 2014 als digitaler Download veröffentlicht. Das Album enthält 17 Songs aus den ersten beiden Staffeln der Show, darunter das Hauptthema von Methodic Doubt und Titel von Künstlern wie Nico Vega , Ivy Levan , The Growl , Anders Osborne , Fred Eaglesmith und Martin Harley .

Außerdem gab es eine kurzlebige Comic Book-Serie, BANSHEE ORIGIN, geschrieben von Tropper und illustriert von Mike Henderson.



Auszug AUS DEM NACHWORT ZU ADGS „DIE NACHT DER KRANKEN HUNDE“ by Martin Compart
22. Juni 2023, 10:45 am
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Der Roman ist ab sofort lieferbar.

Patrick Raynal, Schriftsteller und einstiger Herausgeber der „Série Noire“, vertrat die Überzeugung, dass es besser sei, einen verstörenden Schriftsteller zu veröffentlichen als einen talentlosen. „Diese Art von Debatte erinnert mich an die 70er Jahre, als wir einen schlechten Künstler ertragen mussten, der gegen die Folter in Spanien sang. Wenn man klatschte, bedeutete das, dass man den Sänger mochte, und wenn man nicht klatschte, bedeutete das, dass man Franco-Anhänger war!“ Raynal bezog sich auf ADG, den umstrittensten Schriftsteller Frankreichs vor Michel Houellebecq.

„Meine Haltung mag ästhetisches Mittel sein, aber es gehört zur Rolle des Schriftstellers, gegen den Strom zu schwimmen. Jedenfalls würde ich auch als Journalist niemals einen revisionistischen, antisemitischen oder rassistischen Artikel schreiben“, sagte ADG 2003 gegenüber „Le Monde“.
„Ich bin der Situationist unter den Thriller-Autoren“, sagte derjenige, der lange Zeit von Teilen der Linken als „literarisches Alibi der Front National“ beschimpft wurde. Er verstand sich als rechter Anarchist in der Tradition von Céline.
Eine Tradition, die in der französischen Literaturgeschichte verbreiteter ist als in Deutschland, was nach dem 3.Reich nicht verwunderlich ist.

„Dieser rechter Anarchismus ist eine individuelle elitäre Revolte gegen die jeweils eingesetzten Mächte, im Namen aristokratischer Prinzipien, gegen die Demokratie, ethische Normen, gegen Egalität. Die vorhandene Gesellschaft wird als dekadent empfunden. Personen wie Arthur de Gobineau später auch der Schriftsteller Luis Ferdinand Celine oder auch Henry de Montherlant gaben dem rechten Anarchismus in Frankreich Profil. Für sie war jede Regierung eine Verschwörung gegenüber dem höheren, dem überlegenen Individuum.“ 1) Ein weiterer Versuch reaktionärer Kräfte, Ursachen von Problemen als Lösungen anzubieten.

Seine Energie, seine Vorliebe für spannende Intrigen und verdrehte Plots und sein poetisches Schreiben haben ADG zu einer herausragenden Figur im Noir-Thriller gemacht. Sein Werk ist politisch nicht leicht einzuordnen. Allen Romanen wohnt eine virulente Gesellschaftskritik inne, die ideologisch auch als „links“ fasslich wäre. Sonst wäre das Lob von Jean-Patrick Manchette für einige Romane wohl nie erfolgt. Sarkasmus ist die vielleicht treffendste Bezeichnung für sein Werk; gepaart mit Sardonismus und Zynismus.

ADG radikalisierte sich ab 1973 immer mehr nach rechts. Seinen Romanen ist dies kaum anzumerken, da sie in ihrer Gesellschaftskritik ähnlich gründlich sind wie die seiner linken Kollegen in der Serie Noire. Und in ihrem ästhetischen Konzept ähnlich überzeugend wie Manchette, dem anderen „Gründungsvater“ des Neo-Polar.

Egal ob links oder rechts: Der Neo-Polar hinterfragt die Codes des Genres und der Gesellschaft, will aufklären und radikalisieren. Im literarischen Ergebnis ist dann meistens nicht erkennbar, aus welcher politischen Haltung diese Kritik am „gemeinsamen Feind“ erfolgte.

Dieses „von der Loire stammende Kind von Balzac, von Céline, dem Witz und Slang von Simonin“ war ein Gründervater des Neo-Polar „mit Jean-Patrick Manchette in den 70er Jahren, war aus Prinzip provokativ und aus Temperament anarchistisch “, so der „Figaro“.
Mit DIE NACHT DER KRANKEN HUNDE, 1973 von George Lautner verfilmt, begründete ADG 1972 im Neo-Polar den französischen „Country Noir“.

In den USA hatte sich, beginnend mit Erskine Caldwells THE BASTARD (1929), dieses Subgenre der Noir-Literatur entwickelt: Country Noir oder auch Rural Noir. Zu Beginn stehen drei entscheidende Werke: Neben Caldwells Roman James Malahan Cains Klassiker THE POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE (1934) und der zu Unrecht in Vergessenheit geratene THEY DON´T DANCE MUCH (1940) von James Ross (1911-90).

Die meisten Noir-Romane spielen bekanntlich in urbanen Räumen. Das galt und gilt auch für den Neo-Polar. Ein Verdienst von ADG war den Country Noir-Roman in der französischen Kriminal- und Noir-Literatur zu etablieren. Zwar gab es Vorläufer – etwa Jean Amila mit JUSQUE´À PLUS SOIUF (1962) und einige andere – aber erst ADG nutzte das Subgenre konsequent – beginnend mit DIE NACHT DER KRANKEN HUNDE. Er wurde in den 1970er Jahren zu seinem wichtigsten und einflussreichsten Autor; heute ist der Provinz-Thriller wichtiger Teil der französischen Noir-Kultur.

Zwischen Gelegenheitsjobs und Sozialhilfe, Verödung, den Schwierigkeiten der Landwirte, Alkohol und Rauchen ist das Frankreich des Country Noir eine toxische Kultur von den Kämpfern und derjenigen, die aufgehört haben zu kämpfen. Erzählt werden Regionen, die von Vielen verlassen wurden und werden. Die Beziehungen sind schwierig, die Gegensätze stark – Stadt versus Land, Fremde versus Einheimische, eine Welt voller Unbehagen in oft idyllischer Landschaft, beherrscht von feudal-kapitalistischen Strukturen.
ADGs Geschichte spielt in dem fiktiven Dorf in Berry, zwischen Bourges und Châteauroux gelegen. Der Autor kehrte immer wieder zu diesem Handlungsort zurück (z.Bsp. in BERRY STORY, 1973), mit seinen Bewohnern, ihren Gewohnheiten und Traditionen – mit Charakteren, die mehr Zeit im Bistro trinken als arbeiten. In DIE NACHT DER KRANKEN HUNDE gibt es literarische Blitze ländlicher Poesie und Reflexionen über Gewalt und die Organisation der Gesellschaft. Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass das Dorf selbst der Erzähler ist.

Für die eher urbanen Autoren des Neo-Polar war der Schauplatz damals fast schon ein Indiz für ADGs reaktionäre Gesinnung – was für diesen Roman völlig falsch ist: In bester aufklärerischer Manier enttarnt er durch seinen Ich-Erzähler das provinzielle Bewusstsein einer historisch zurückgebliebenen Gegend.

ADGs Erzählweise zeigt den immensen Einfluss, den der Amerikaner Jim Thompson (1906-77) in Frankreich hatte. Während er in den USA so gut wie vergessen war (ähnliches gilt für mehrere US-Autoren, wie Charles Williams oder David Goodis), entwickelte sich in Frankreich ein regelrechter Kult. Es ist bezeichnend, dass Thompsons Roman POP 1275 als Band 1000 der „Série Noire“ veröffentlicht wurde!
Thompsons psychopathische und provinzielle Ich-Erzähler haben viel mit ADGs für den Roman gewählten Ton gemeinsam.

ADGs Meisterwerk hat einen ungewöhnlichen Plot, ist aus der Perspektive eines Dorfbewohners brillant geschrieben und gleichzeitig ein bemerkenswertes Zeitdokument. Eine gewisse Aktualität bekommt der Roman, wenn man die zeitgeschichtlichen Momente der Hippie-Kultur ausblendet und sie durch ökologische Aktivisten ersetzt.

Der Roman schildert das Aufeinanderprallen von urban geprägter Gegenkultur und ländlichem Kleinbürgertum in Folge der Jugendrevolte der 1960er Jahre. Gerade in Frankreich waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung die Studentenunruhen von 1968 und die Schlacht um Paris noch sehr bewusst, drohten jederzeit wieder zu entflammen. Aber natürlich nicht nur in Frankreich war die Gesellschaft polarisiert, sondern in fast allen Ländern der westlichen Welt waren die Konflikte zwischen der (Jugend-)Kulturrevolution und dem Establishment nicht nur im Straßenbild gegenwärtig. Dieser immer noch frisch wirkende Noir-Thriller ist auch ein bemerkenswertes Zeitdokument.

Der Roman, der ein Jahr später von Georges Lautner als EIN PAAR ZU STILLE HERREN für das Kino adaptiert wurde, erschien 1972 als Band 1482 in der „Série Noire“. Der Film gehört heute zu den weniger bekannten Werken des großen Regisseurs (der u.a. mit DER FALL SERANO einen der besten Polit-Thriller der 1970er Jahre nach dem „Série Noire“-Roman von Raf Vallet drehte).



DER LETZTE ROBICHEAUX by Martin Compart


Übersetzung: Jürgen Bürger
Originaltitel: A PRIVATE CATHEDREAL
ISBN: 978-3-86532-755-0
Preis: € 24,00
Einband: Klappenbroschur
Seiten: 472

Jochen König hat ein fulminantes Nachwort zum Roman geschrieben. Ein guter Grund, genauer nachzufragen:

Du hast das Nachwort geschrieben und bist seit langem im Thema: Ist das wirklich der letzte Robicheaux-Roman?

Das ist eine Frage, die ich mir und Günther Butkus, dem deutschen Verleger Burkes, auch sofort gestellt habe. Ein passender Abschluss ist „Verschwinden ist keine Lösung“ (mit dem noch deutlicheren Originaltitel „A Private Cathedral“) allemal. Aber Burke hat sich sehr ambivalent ausgedrückt, ganz im Sinne Sean Connerys bezüglich einer möglichen Rückkehr als James Bond: „Sag niemals nie.“ Oder in Burkes eigenen Worten, in einem Interview mit „Distinctly Montana“ Ende November 2021 („A Private
Cathedral“ wurde davor, im August 2020, in den USA veröffentlicht): „Oh, I just don’t know. I went back to the Hollands, and I’ve got a couple of books coming out about them. We’ll see what happens. I just don’t think about the future in a work. I never have. I see two scenes ahead, but never more.

Angekündigt ist für 2024 zudem ein Roman mit dem Titel „Clete Purcell“. „The title says it all“ kommentiert James Lee Burke. Und wenn Robicheaux-Intimus Cletus Purcell seinen eigenen Titel bekommt, dürften sein Kumpel Dave und Tochter Gretchen auch mit dabei sein. Davon gehe ich jedenfalls aus. Und über derartige Spin Offs kann man eine Reihe ja fein am Leben halten, ohne dass man das Ende antastet. Das ja eher eine Art zusammenfassender Rückblickist.
Reine Spekulation, aber trotzdem eine spannende Frage ist, ob Alafair Burke, James Lee Burkes Tochter, die selbst erfolgreich Kriminalromane schreibt, wohl irgendwann die Figuren ihres Vaters aufnehmen wird.

Warum beendet Burke seine erfolgreichste Serie?

Nun, dreiundzwanzig voluminöse Bände enthalten enorm viel Stoff. Und ganz vor Wiederholungen gefeit war die Robicheaux-Serie nie. Zudem wird Robicheaux älter. Wie sein Schöpfer. James Lee Burke wird im Dezember 2023 87 Jahre alt und hat derzeit noch mindestens drei Romane in der Pipeline „Flags of our Fasthers“ erscheint im Juli, danach sind mindestens zwei weitere Holland-Novels angekündigt sowie der bereits erwähnte „Clete Purcell“).

Da schafft ein passendes Ende bei seiner langlebigsten Reihe Luft für anderes. Und wie in der ersten Frage schon erzählt, kann es ja weitere Bücher über Cletus Purcell und/oder Billy Bob Holland geben, in denen Robicheaux auftaucht.
Freuen wir uns auf jeden Fall noch auf ein paar kreative Jahre James Lee Burkes.

Wie und wann hast Du sie entdeckt und was gefällt Dir an ihr?

Ich habe Burke 1991 gleich mit dem ersten auf Deutsch erschienenen Robicheaux-Roman „Neonregen“ kennen- und schätzen gelernt. Ich habe damals auch versucht, an Burkes frühe Werke aus den Sechzigern und frühen Siebzigern zu kommen, was aber gar nicht so einfach war und in deutscher Übersetzung unmöglich.
Ich bin Robicheaux dann durch die Verlagswechsel (von Ullstein zu Goldmann) und die unvollständige Veröffentlichungspolitik gefolgt und war sehr froh, dass Pendragon die Serie neu herausbringt und endlich die Lücken schließt.

Natürlich habe ich mir die Billy Bob Holland-Bücher auch bei Erscheinen (ab 1999) besorgt.
Burke ist ein sprachlich gewandter Autor, der in seinen besten Momenten die Ausleuchtung der Conditio humana in spannende Geschichten zu verpacken versteht (bei Robicheauxs Hadern mit dem Katholizismus neigt Burke mitunter arg Richtung moraltheologisches Seminar. Aber das hält sich glücklicherweise in Grenzen); der Hardboiled, Noir, Gangster- und Polit-Thriller gekonnt und eigenwillig mischt, und das Ganze mit einer Portion Geschichte und Gesellschaftspolitik unterfüttert. Ohne aufgesetzt und belehrend zu wirken.

Es gibt zudem wenige andere Autoren (in Ansätzen gehören James W. Hall und David L. Lindsey dazu), die poetische Naturbeschreibungen als relevanten unGesellschaft wie Protagonisten widerspiegelnden Teil der Handlung einsetzen.

Außerdem gefallen mir die Grenzgänge Richtung Phantastik, die Burke im Finale geradezu halluzinatorisch auf die Spitze treibt. Das wird nicht jedem Lesenden zusagen. John Connolly wahrscheinlich schon, dessen lesenswerte Charlie „Bird“ Parker-Reihe in ähnlichen Gefilden unterwegs ist. Grüße aus Twin Peaks gibt’s gratis dazu.



Katharina Döbler über „Die große Uhr“ by Martin Compart
9. Juni 2023, 12:20 pm
Filed under: Elsinor Verlag, KENNETH FEARING | Schlagwörter: , ,

https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendungen/der_morgen/archiv/20230609_0600/literatur_0845.html



WAS PUTINS RUSSLAND VON DEN NAZIS GELERNT HAT… by Martin Compart
2. Juni 2023, 2:12 pm
Filed under: Nazi, Sternstunden der Verblödung | Schlagwörter: , ,

… war und ist mit der Gruppe Wagner der Aufbau einer eigenen Folter- und Mörderabteilung nach dem Vorbild der Division Dirlewanger: https://de.wikipedia.org/wiki/SS-Sondereinheit_Dirlewanger .

Allerdings agiert die Gri/uppe Wagner nicht nur in der Ukraine, sondern foltert und mordet weltweit (Syrien, Tunesien, Mali etc.).

https://www.stern.de/panorama/wissen/oskar-dirlewanger—darum-verehren-neo-nazis-den-schlimmsten-sadisten-der-ss-7954230.html

Im Traum von einem 4.Reich vereint? Neo-Nazis sind ihre Fans.

P-S.: Russland ist auf dem geistigen Niveau von Deutschland 1939, Florida 2022 oder der Justiz des letzten Nazi-Gaus Sachsen im Mai 2023. Andererseits haben seine Oligarchen immer das erkannt, was bei uns nur die FDP offen ausspricht: Organisierte Kriminalität ist ein steuerfreier Investitionsanreiz.