Martin Compart


HITLER PERVERS- DER FALL GELI RAUBAL 2/ by Martin Compart
13. April 2011, 1:38 pm
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DIE SELBSTMORDTHEORIE UND QUELLENLAGE

Eine andere Dysfunktionstheorie glaubt der Aussage eines Jugendfreundes, dass Hitlers Geschlechtsteil zumindest zum Teil von einer Ziege abgebissen worden war, als der junge Adolf zum Gaudi seiner Kumpane dem Tier ins Maul urinieren wollte.

Der sowjetische Arzt Dr.Faust Schkarawski veröffentlichte im Auftrag der Regierung (und des KGB) 1968 seine forensischen Bericht über die Autopsie der Leiche Hitlers, die man nach der Einnahme Berlins verbrannt aufgefunden hatte.
Darin wurde behauptet, Hitler habe nur einen Hoden gehabt und man trat das los, was Alan Bullock das „one-ball-business“ nannte. Psychohistoriker stürzten sich auf diese Behauptung, nahmen sie als Tatsache und entwickelten daraus die abstrusesten Erkenntnisse über das „Rätsel Hitler“.

Meist wenig überzeugend versuchen die Psychohistoriker aus dieser Dysfunktionstheorie die Verbrechen Hitlers zu erklären. Gegen die Behauptung der Sowjets, sie mit Sicherheit propagandistische Zwecke zu erfüllen hatte (Herabsetzung Hitlers als Mann), sprach sich Dr.Gertrud Kurth aus. Sie arbeitete 1943 für Walter C.Langer bei der Erstellung des Hitler-Profils für den amerikanischen Geheimdienst OSS. Sie hatte seinerzeit zusammen mit Langer auch Dr.Bloch befragt, dem Hausarzt von Hitlers Eltern, der auch den jungen Adolf mehrfach untersucht hatte. Dr.Bloch gab zu Protokoll, daß er beim jungen Adolf Hitler keinerlei genitale Defekte festgestellt hatte und seine Geschlechtsmerkmale „völlig normal“ gewesen seien. Hitlers Kriegsverletzung im 1.Weltkrieg lässt ebenfalls keine Schluss auf genitale Auswirkungen zu.

Hitlers Verbrechen aus sexuellen Perversionen oder genitalen Defekten zu erklären, wird von Ron Rosenbaum treffend erklärt: „Fast alle jene, die eine sexuelle Erklärung für Hitlers Psyche postulieren, enden schließlich bei der Behauptung, dass Hitler ohne seine nicht natürliche Sexualität nicht nur sexuell normal, sondern (so lautet die Implikation) auch moralisch normal gewesen, jedenfalls nicht zum Massenmord getrieben worden wäre.

Es ist das schwache Echo von Wilhelm Reichs Überzeugung, dass die Ursprünge des Bösen in dem Unvermögen zu suchen sind, zu einer gesunden normalen orgastischen Entspannung zu kommen. Es ist das schwache Echo des romantischen Glaubens, dass die Befreiung von sexuellen Repressionen uns vom finsteren Mittelalter, den dunklen Trieben in uns, befreien würde.“ Hier verkürzt Rosenbaum die Theorien Reichs, der auch gesellschaftshistorische Prozesse miteinbezogen hat. Was durchschimmert ist die Angst vor der Beschäftigung mit Hitlers Sexualität als Erklärungsmodell für seine Schreckenstaten. Die Angst, Hitler als abartige, uns „Normale“ nichts angehende, perverse Bestie hinzustellen um damit die Diskussion über seine Person zu beenden. Dieses Erklärungsmodell ist genauso wenig akzeptabel wie die Modelle, die Hitlers Sexualität völlig außen vor lassen mit der Begründung, dass die Quellenlage zweifelhaft ist.
Die Quellenlage ist in weiten Bereichen der Forschung über das 3.Reich zweifelhaft.



HITLER PERVERS-DER FALL GELI RAUBAL 1/ by Martin Compart
30. März 2011, 3:23 pm
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DIE SELBSTMORDTHEORIE UND QUELLENLAGE

Obwohl die schlechte Quellenlage verschiedene Schlüsse und Theorien zulässt, haben sich die prägenden Historiker alle auf eine geeinigt: Hitlers Nichte Geli Raubal habe sich selbst das Leben genommen.
Trotz der unbefriedigenden Aktenlage der polizeilichen Untersuchung, hält die so genannte seriöse Journaille und die angesprochenen Historiker so genannter Standardwerke an dieser Haltung fest – komme was da wolle. Auch wenn die Aussagen ansonsten akzeptierter Quellen (z.Bsp. Putzi Hanfstaengel) andere Schlüsse zulassen. Bestimmte Quellen gelten ihnen eben nur da als seriös, wo die Aussagen mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmen. Ist das nicht der Fall, dann ist die Quelle eben genau da im Irrtum – obwohl die eine Aussage genauso wenig überprüfbar ist wie die andere. Woran liegt es nur, dass ernsthafte Historiker wie Joachim C.Fest, Ian Kershaw, John Toland, Allan Bullock und andere diese eine Möglichkeit gegenüber anderen, gleichwertigen Möglichkeiten so vehement verteidigen?
Ich weiß es nicht. Objektive Abwägung kann es kaum sein. Warum ist man so bedacht, dass man den größten Massenmörder des 2o.Jahrhunderts vom Verdacht des Mordes an seiner Nichte frei spricht? Vielleicht deshalb, weil man dann die sexuelle Komponente im Leben Hitlers stärker berücksichtigen müsste. Und über die ist bekanntlich die „Aktenlage“ ähnlich unsicher und ähnlich umstritten. Oft mit der unterschwelligen Aussage begleitet: Er war der schlimmste Verbrecher, aber homosexuell oder gar pervers war er nicht. Als wolle man ihm noch einen Trampelpfad zur Menschlichkeit (ähnlich wie seine vorgebliche Tierliebe) offen halten um das eigene Menschenbild und die eigenen anthropologischen Vorstellungen aufrecht zu erhalten.

Es ist schon merkwürdig wie diese Historiker die offizielle Version der Nazis fortschreiben. Um Hitlers Alibi zu stützen, Geli Raubal habe noch gelebt als er nach Nürnberg aufbrach, verlassen sie sich ausschließlich auf die Aussagen von überzeugten Nazis, die diese Selbstmordtheorie behaupteten. Allen voran dient als Quelle die Autobiographie des Hitler-Fotografen Heinrich Hoffmann von 1955. Dieser Trunkenbold war bereits 1920 als Mitglied mit der Nummer 247 in die Partei eingetreten und seitdem ein enger Vertrauter Hitlers. Keiner dieser Historiker geht auch auf den Widerspruch in seiner Autobiographie ein. Unwidersprochen übernommen wird seine Beschreibung vom 17.September 1931 mit der persönlichen Verabschiedung von ihm, Hitler und Geli Raubal. Einbezogen werden die zwei Aussagen der Hausangestellten, dass Geli an diesem Tag noch lebend um 15.00 Uhr gesehen wurde. Auf die späteren Widersprüche gehen die Historiker nicht ein: Hoffmann schreibt über seine und Hitlers Rückkehr am Mittag des nächsten Tages, Geli sei bereits mindestens 24 Stunden tot gewesen beim Untersuchen der Leiche durch die Polizei um 11.00 Uhr vormittags. Weiterhin behauptet er, Gelis Mutter Angela sei bei seiner und Hitlers Ankunft anwesend gewesen. In Wirklichkeit war sie noch im Haus Wachenfeld. Während derartige Widersprüche zuhauf von den Historikern übergangen werden, wird jede noch so dürftige Aussage, die die Selbstmordtheorie stützt, als unanzweifelbare Quelle behauptet. Sie reagieren geradezu aggressiv, wenn diese von den Nazis selbst offiziell gemachte Selbstmordtheorie angezweifelt wird. Ganz ähnliche Reaktionen rufen Arbeiten hervor, die sich mit Hitlers Sexualität beschäftigen. Es scheint. als dürfe Hitler zwar der größte Verbrecher des 20.Jahrhunderts oder gar der gesamten Menschheitsgeschichte sein, aber auf keinen Fall einen persönlichen Mord begangen haben oder gar pervers gewesen zu sein. Ein Massenmörder: ja – aber persönlich sauber.

Winston Churchill, der zuerst begeistert von Hitler und den Nazis war und später verbat, dass in den Nürnberger Prozessen die okkulten Hintergründe des 3.Reichs aufgeklärt wurden, nannte Hitler „a monster of wickedness“. Das könnte sich auch auf die sexuellen Vorlieben des Führers bezogen haben.

Die Annahme, Geli Raubal habe Selbstmord begangen, steht im direkten Zusammenhang mit einer Dysfunktionstheorie, also eine Argumentationslinie, die das Böse in Hitler als nicht bewusst sondern in Folge einer Funktionsstörung zu erklären versucht. Zu diesen Dysfunktionstherorien gehört auch die Vermutung, Hitler habe Syphilis gehabt. Der Versuch Hitlers Psyche als Folge der Krankheit zu erklären, die so genannte Bazillus-Theorie, impliziert, dass das Böse nicht aus Hitlers Natur oder Bewusstsein kam, sondern Konsequenz einer Krankheit sei, die quasi von Außen eingedrungen ist. Es erscheint geradezu aberwitzig, dass ausgerechnet der führende Nazi-Jäger Simon Wiesenthal diesem Erklärungsmodell anhing. Wie Rosenbaum schreibt, war diese Theorie vor dem Krieg häufig Gegenstand von Spekulationen, geriet dann aber in Vergessenheit bis Wiesenthal sie in den achtziger Jahren wieder vorbrachte. Seitdem jagt er einem Phantom nach: nämlich einer jüdischen Hure, bei der sich Hitler in seinen Wiener Jahren angesteckt haben soll. Natürlich nicht einfach nur eine Hure, sondern eine jüdische Prostituierte. „Ihr Jüdischsein wird also für Wiesenthal zur Erklärung für den Ursprung von Hitlers Antisemitismus… Und die mental derangierenden Auswirkungen des Tertiärstadiums der Krankheit wird für ihn zur Quelle der geistesgestörten Virulenz von Hitlers Judenhass.“ (Rosenbaum, S.56) Wiesenthal behauptete, er habe diese Geschichte erstmals von einem aus Österreich ausgewanderten Arzt gehört, der behauptete, einen anderen Arzt gekannt zu haben, dessen Vater Hitler wegen der Syphilis behandelt habe. Wahrlich, eine grandiose Beweislage! Für die Existenz einer jüdischen Hure gibt es nicht einmal eine Aussage dritter oder vierter. Zwar mußte Wiesenthal bei seiner Aufspürung von Nazi-Kriegsverbrechern den winzigsten und manchmal unwahrscheinlichsten Spuren nachgehen, aber bestimmt nie derartig vagen. Die Jagd nach der jüdischen Hure, die laut Rosenbaum, der Wiesenthal persönlich befragte, hat wohl etwas an Besessenheit grenzendes. Warum dieser erfolgreiche und in seiner Sache so verdienstvolle Mann diesem Phantom erlegen ist, soll hier nicht auszuleuchten versucht zu werden. Jedenfalls sieht Wiesenthal in Hitlers Krankheit die wahre Ursache für Gelis Tod. Er meint, Hitler habe sie mit Syphilis angesteckt und das Mädchen habe sich deshalb umgebracht.