Martin Compart


ALAIN DELON IST FABIO MONTALE by Martin Compart
21. Juni 2024, 10:26 am
Filed under: Alain Delon, Film, TV-Serien | Schlagwörter: , , , , , ,

Nach FRANK RIVA legt Pidax nun die zweite Crime-TV-Serie mit Alain Delon vor. Von/mit Delon gäbe es für den deutschen Markt noch eine Menge zu entdecken, das auf entsprechende DVD und Blu-ray- Auswertungen wartet!

Seit vielen Jahren sorgt Pidax Productions dafür, dass Klassiker der Fernseh-Serie, des Fernsehfilms oder zu Unrecht weniger bekannte Kino-Filme nicht in Vergessenheit geraten und in zeitgemäßer Qualität den interessierten Aficionados zugänglich sind. Der Katalog der Firma ist beeindruckend (https://www.pidax-film.de/Serien-Klassiker:::4.html). Vieles inzwischen leider vergriffen. Man sollte also immer ein waches Auge auf das Angebot haben.


Produktinformation

Episodenliste:
1. Rache für Leila (Total Khéops)
2. Der Sohnmörder (Chourmo)
3. Blutiges Finale (Solea)

Bonusmaterial:
Nicht verwendete Filmszenen, Making-of, Making-of Filmmusik & 3 Film-Trailer

HANS SCHAFFNER PRÄSENTIERT „Fabio Montale“ MIT Alain Delon, Cédric Chevalme, Elena Sofia Ricci, Éric Defosse, Andrée Damant, Georges Neri, Jean-Marie Winling

Drehbuch: Jean-Claude Izzo, Philippe Setbon

nach den Romanen von Jean-Claude Izzo
Kamera: Jacques Boumendil

Schnitt: Jean-Daniel Fernandez-Qundez
Musik: Serge Perathoner

Regie: José Pinheiro

2 DVDs in einem Keepcase mit Wende-Inlay (inwendig ohne FSK-Logo)
Laufzeit: ca. 291 Min.
Bildformat: PAL 16:9
Sprache: Deutsch, Französisch
Tonformat: Dolby Digital 2.0
Ländercode: 2 (Europa)
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Produktion: Frankreich 2002
Seitenverhältnis‏: ‎ 16:9 – 1.77:1
Alterseinstufung: ‎ Freigegeben ab 16 Jahren
Produktabmessungen: ‎ 13,9 x 19,5 x 1,7 cm
Erscheinungstermin ‏ : ‎ 13. Juni 2024
Studio: ‎ Pidax Film- und Hörspielverlag
ASIN ‏ : ‎ B0CWCZ24CT
€ 16,90

Kommissar Fabio Montale kommt aus dem Einwanderer-Milieu, seine Familie ist aus Italien nach Marseille gezogen. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er mit seinen ebenfalls italienisch-stämmigen Freunden Ugo (Jean-Francois Garreaud) und Manu. Die drei waren als echte Marseiller Straßenjungs auf dem Weg zu einer kriminellen Karriere – bis sie bei einem Überfall auf eine Apotheke den Apotheker so schwer verletzten, dass er zum Krüppel wurde. Fabio wechselte darauf die Seiten und wurde Polizist. Trotzdem blieb er seinen Freunden immer verbunden, auch wenn diese sich weiterhin mit kriminellen Geschäften durchs Leben schlugen. Montale versucht, zu den harten Jungs in den Banlieus Kontakt zu halten, um sie auf den rechten Weg zu bringen und ist oft frustriert von der Polizeiarbeit, zumal er immer wieder vergeblich gegen den Rassismus und die Korruption in den eigenen Reihen ankämpft.

Er tröstet sich am Feierabend gern mit gutem Essen, einem Kaffee auf seiner Terrasse oder einer guten Flasche Wein und hört dazu Musik. Das Essen und die Musik spielen in den Büchern eine wichtige Rolle, genau wie die leidenschaftliche Hassliebe, die Fabio genau wie sein Schöpfer Jean Claude Izzo für seine Heimatstadt empfindet, die so schön sein könnte, „wenn nicht so viele schreckliche Dinge geschehen würden“.

Izzo


Als Autor Jean-Claude Izzo ein Jahr vor seinem Tod im Januar 2000 erfuhr, dass seine Marseille-Trilogie für das Fernsehen verfilmt werden soll, war er begeistert. Als seine zumeist linken Fans erfuhren, wer ihren Helden Fabio Montale spielen würde, war die Empörung groß!

Die linken Izzo-Fans taten entsetzt, dass ausgerechnet der rechte Gangster Delon ihren Helden geben sollte. Als ob Delon nicht im Laufe seiner Karriere häufig in progressiven Filmen gespielt hätte. Nach der Erstausstrahlung warfen sie dem Dreiteiler vor, dass er die Romane nicht genau umgesetzt und Handlungsstränge verändert habe. Ein Vorwurf, so alt wie die 7.Kunst.
Das erinnert mich an eine Aussage von James Malahan Cain. Auf die Frage, ob er es nicht furchtbar findet, was Hollywood seinen Romanen angetan habe, deutete er mit dem Daumen auf das Buchregal hinter sich und sagte: „Hollywood hat meinen Büchern gar nichts angetan; dort stehen sie, wie ich sie geschrieben habe.“

Alain Delon hat, wie kein anderer Schauspieler, den „Helden“ des Noir-Films in den 1960er- bis 1980er Jahren neu konfiguriert.

Und wenn der alternde Delon in einem Krimi mitspielt, dann schwingt auch immer der übermächtige Mythos Delon mit. Ob in den beiden Panther-Filmen (so hießen sie in der deutschen Synchronisation) oder in den beiden TV-Serien FABIO MONTALE und FRANK RIVA. Immer stand der Mythos Delon bewusst oder unbewusst mit hinter und vor der Kamera. Das konnte auch für peinliche Momente sorgen (allerdings nie so schlimm wie die Peinlichkeiten in dem Delon-Belmondo-Vehikel ALLE MEINE VÄTER).

„Ich fühle mich im heutigen Kino nicht wohl. Ich hörte auf. Ich mache Dinge nur, wenn ich glücklich bin. Heute ist es nur noch das Vergnügen am Spiel, das Vergnügen, eine Rolle wie Montale auszuleben. Schauen Sie sich die Stärke dieses Kerls an. Diese Figur zu sein ist etwas Fabelhaftes…“ erklärte Alain Delon 2001 dem Fernsehmagazin „La Dépêche“. Alain Delon bestand darauf, dass sein eigener Sohn Alain-Fabien, damals 8 Jahre alt, die Rolle des Kindes spielt, dessen Adoptivvater Montale werden soll.

Drehbeginn war Februar 2001. Er dauerte 85 Tage. „Der härteste Dreh, den ich je erlebt habe, “, sagte Delon mit seinem üblichen Sinn für Understatement.

Vorab eskalierte der Streit um Delon: „Ich wüsste nicht, wer anders als ich Fabio Montale spielen könnte“, sagte der Schauspieler bescheiden während der Präsentation der Serie vor der Presse am 3. Oktober 2000 in Cannes. Am nächsten Tag erklärte Sébastien Izzo, der Sohn des Schriftstellers, dass er „nicht begeistert“ sei, von Delon als Helden der Trilogie. „Ich hätte es vorgezogen, wenn diese Rolle einem Unbekannten anvertraut würde, denn Alain Delon teilt die politischen Ideen meines Vaters nicht“, sagte er („Le Monde Radio Télévision“ vom 22.-23. Oktober). Catherine Izzo, die Frau des Schriftstellers, veröffentlichte ihrerseits am 6. Oktober einen Text, in dem sie Einzelheiten zu den Wünschen darlegte, die Jean-Claude Izzo vor seinem Tod für die Adaption geäußert hatte. Sie weigerte sich, die Kontroverse anzuheizen, beklagte jedoch die Aussagen von Alain Delon, der „ wüsste, dass Jean-Claude Izzo froh gewesen sei, als er erfuhr, dass er es sein würde, der seinen Helden spielen würde. „Das dürfte seinen Lebensabend weniger schwierig gemacht haben“ fügte der Schauspieler hinzu. „Das ist völlig falsch“, sagte Catherine Izzo. (nach Danny Psenny am 29.Oktober 2000)

Sicherlich ist die Serie nicht ganz so sozialkritisch wie die literarische Vorlage. Aber jede der um die 100minütigen Folgen steht klar in den Traditionen des französischen Kriminalfilms mit seinem besonderen Hang zur Melancholie. Verblüffend ist zu sehen, wie schön Marseille noch vor 20 Jahren war. Oder wie bewusst man die Stadt attraktiv in Szene gesetzt hat, indem man die übelsten Slums ausblendete.

Kameramann Jacques Boumendil gelingt es hervorragend, den mediterranen Geist von Marseille einzufangen – lange, kontinuierliche Einstellungen und Konzentration auf Details sorgen für einen organischer Rhythmus. Les Calanques, die kleinen und tiefen Buchten zwischen Marseille und Cassis, sind neben Delon der weitere Star.

Die Regie lässt sich Zeit, kann sich immer auf die Souveränität des Hauptdarstellers verlassen. Bei den Action-Szenen wird sie schnell und effektiv. Trotzdem bleibt sie auf eine angenehme Art altmodisch ohne zu langweilen. Wie eben französische Noir-Filme aus den 1970ern.

Fabio Montale als TV-Serie ist weitaus ausgereifter, als von den Delon-Kritikern erwartet. Die drei Geschichten sind gut geschrieben, haben faszinierende Figuren und sind intelligent produziert. Delon spielt den müden und desillusionierten Polizisten, der oft schweigt und über die Vergangenheit nachdenkt. perfekt. Jede der drei Geschichten ist ausbalanciert. Ein Verbrechen wird begangen, mögliche Verdächtige werden ermittelt, und später kommt es zu überraschenden Wendungen.

Trotzdem sind die Filme keine formelhaften Genre-Klischees, sie werden von den Charakteren getragen, nicht von Intrigen oder einer Noir-Atmosphäre.

FABIO MONTALE war eine der erfolgreichsten französischen TV-Produktionen überhaupt:

Etwas weniger als 11 Millionen Zuschauer (10.889.160) verfolgten den dritten und letzten Teil „Solea“ der Miniserie auf TF1 (46,7 % Marktanteil), so die Zahlen von Médiamétrie. Der erste Teil, „Total Khéops“, lockte am Donnerstag, 3. Januar 2002, 12.474.960 Zuschauer an (48,8 % Marktanteil). Es markierte die Rückkehr von Alain Delon zum Fernsehen nach zehn Jahren Abwesenheit.