Martin Compart


THRILLER, DIE MAN GELESEN HABEN SOLLTE: METZGER´S DOG von THOMAS PERRY by Martin Compart

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Chinese Gordon ist ein ehemaliger Contractor, der inzwischen mit seiner Freundin Margaret und seinem Kater Dr.Henry Metzger in Los Angeles lebt. Zusammen mit seinen Kumpels Kepler und Immelmann dreht er Dinger, die sich durch militärische Präzision auszeichnen. In seinen Kastenwagen hat er zur besonderen Verwendung eine Flugzeugkanone eingebaut, mit der lässt er es so richtig kachen, dass es Bruce Willis & Co grün vor Neid wird. Für einen mexikanischen Drogenhändler holt er für eine Million Dollar Kokain aus einer Forschungsabteilung der Universität (den Stoff hatte man dem Drogenhändler abgenommen und der Uni zur Verfügung gestellt). Bei dem Coup fallen ihm geheime Papiere der CIA in die Hände, die eine neue Strategie der psychologischen Kriegsführung in Lateinamerika dienen sollen und von der sich die Firma viel verspricht. Erstes Ziel ein Umsturz in Mexiko (der Roman ist von 1983, was aber für seine Zeitlosigkeit keine wirkliche Rolle spielt). Gordon erpresst die CIA und bekommt es mit einem alten Hasen zu tun, der selber an der Inkompetenz des eigenen Ladens verzweifeln könnte. Die Besprechungen der CIA-Analytiker gehören zum Komischsten, das Ross Thomas nie geschrieben hat. Es ist bezeichnend, daß Carl Hiaasen die Einführung zur letzten Neuauflage geschrieben hat. Denn Hiaasens schräger Humor hat einiges mit Perry gemeinsam.

Natürlich ist das kein Katzen-Krimi (obwohl jeder Fan der Spezies begeistert auf seine Kosten kommt).. Das Buch funktioniert auf mehreren Ebenen:

  • Als spannender Thriller mit überraschenden Wendungen.
  • Als satirische (wirklich?) Beschreibung der CIA.
  • Als Lehrbuch für Aufbau und Stil eines nahezu perfekten Thrillers.

4153z1g2yhL._SL500_SY300_[1]Es ist etwas unverständlich, dass Perry nicht einen ähnlichen Stellenwert genießt wie Elmore Leonard. Denn seine Romane verfügen über vergleichbar originelles Personal (auch wenn sie weniger eitel im Dialog sind), präzise Plots, die mit überraschenden Wendungen einhergehen (Perrys schlechteste Plots sind besser als Leonards schlechteste Plots) und ökonomische Erzählweise. In seinen Polit-Thrillern erinnert Perry häufig an Ross Thomas.

An einen Ross Thomas on dope.

 

Am erfolgreichsten sind bisher die sieben Bände seiner Serie um die indianische Escape-Expertin Jane Whitefield Seine Trilogie über den Killer Butchers Boy ist im Gespräch für eine TV-Serie (die beiden ersten Romane wurden auch ins Deutsche übersetzt; aber seit längerer Zeit hat Thomas Perry, wie so viele großartige US-Autoren, keinen deutschen Verlag mehr). Auch in der besseren amerikanischen Sekundärliteratur sucht man seinen Namen meist vergeblich. Er scheint tatsächlich, trotz seines Erfolges, eines der bestgehütetsten Geheimnisse der US-Crime Fiction zu sein. Vielleicht liegt es aber auch darin begründet, dass er sich oft zwischen alle Stühle gesetzt hat: Er hat häufig den Polit-Thriller und Noir-Roman mit Comedy verbunden, was Kritiker dazu bewegte, den  unvermeidbaren Vergleich mit Donald Westlake heraus zu grölen. Dabei ist Perry ist seinen besten Werken so einzigartig und originell, daß man ihn vortrefflich als sein eigenes Genre bezeichnen darf.

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Perry stammt aus einer Lehrerfamilie. Zusammen mit einer Schwester und einem Bruder wuchs er in Tonawanda, Nex York, in der Nähe der Niagara-Fälle auf. „Ich verbrachte einige Zeit mit ziemlich harten Burschen, ohne selber einer zu sein. Aber ich lernte, die Dinge durch ihre Augen zu sehen. Ich bin zwischen Buffalo und Niagara Falls aufgewachsen. Das war immer Mafia-Gebiet. Als ich aufwuchs herrschte ein brutaler Krieg zwischen zwei Familien, der erst bei dem berühmten Treffen auf der Ranch in Apalachin 1957 beigelegt wurde. Als ich anfing über diese Leute zu schreiben, erinnerte ich mich an diese Geschichten aus meiner Jugend und recherchierte sie genauer.“

Er studierte Englisch in Cornell und machte an der Universität von Rochester seinen Abschluss. Dann arbeitete er als Fischer und in einigen anderen Jobs, die etwas mit dem richtigen Leben zu tun haben. Schließlich zog er nach Santa Barbara und ging an die Universität von Kalifornien um in der Verwaltung zu arbeiten. Dort traf er die Englisch-Dozentin Jo Anne Lee, die er 1980 heiratete.

In den 1980ern arbeitete er auch als Drehbuchautor und Producer für Serien wie SIMON & SIMON (für die sogar Ross Thomas zwei Episoden schrieb), 21 JUMP STREET und STAR TREK: THE NEXT GENERATION. Bei SIMON & SIMON war er auch als Co-Produzent tätig.

 

Geschrieben hat er seit der Kindheit, darunter auch ein paar unveröffentlichte Romane. „Ich bemühte mich vergeblich etwas zu schreiben, das nicht langweilig war.“ Bei seiner Dissertation über William Faulkner war Perry auf Chandler gestoßen, den Faulkner als einen seiner Lieblingsautoren bezeichnet hatte. „Ich las Chandler und entdeckte die Kriminalliteratur.“ Perry kannte das Genre kaum und liest auch heute nur wenige Thriller. Vielleicht war es gerade diese Unbedarftheit, die es ihm ermöglichte mit einem neuen Ton ins Genre einzusteigen. „Ich versuche immer wieder etwas anderes um die Sachen interessant zu machen.“ Hätte Perry von Anfang an auf eine Serie gesetzt, wäre er heute sicherlich noch erfolgreicher. Aber selbst für die Whitefield-Romane galt oder gilt, dass er der Serienheldin einen neuen Aspekt abgewinnen muss um ein weiteres Buch über sie zu schreiben. Das erklärt auch die zehnjährige Pause zwischen dem fünften und sechsten Roman.

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Sein Erstling, THE BUTCHER´S BOY, für den er den EDGAR bekam, schlug 1982 ein wie eine Bombe. Es war sofort erkennbar, dass sich eine neue, originelle Stimme im Thriller zu Wort meldete. Eine von Perrys Spezialitäten ist die multiple Erzählerperspektive, die er meisterhaft beherrscht. Obwohl er immer in der dritten Person erzählt, führt er den Leser in die nachvollziehbaren Gedankengänge der jeweiligen Figur, egal wie verrückt sie sind. Trotz dieser inneren Monologe ist sein Werk voller filmischer Action, was sicherlich seiner Arbeit als Drehbuchautor geschuldet ist. Diese Mischung, gepaart mit einer großen Portion Zynismus, machen sein Werk originell und einzigartig in der Kriminalliteratur. Was wahrscheinlich auch eine Erklärung dafür ist, dass es seit langem nicht mehr auf Deutsch veröffentlicht wird.

 

P.S.: Momentan arbeitet Dante Harperr (Edge of Tomorrow) an einem Drehbuch nach METZGER´S DOG.

 

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In einer der Jane-Whitfield-Novels findet sich eine gute Beschreibung der Ursachen der Sparkassenkrise in der Reagan-Ära.

Kommentar von Martin Däniken




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